von arttv, 29.05.2024
Olga Titus lädt in ihre wundersame Grotte ein
Für ihre Einzelausstellung bespielt die Künstlerin den kleinen Gewölbekeller des Kunstmuseums Thurgau. (Lesedauer: ca. 1 Minute)
Heimische Bergfolklore ist mit Südseeexotik vermengt und auf hypnotische Weise gehen alte Paradiesvorstellungen in Postkartenidyll und Bildschirmschonerkitsch über. Die Ausstellung spielt auf virtuelle Welten an, ist aber handwerklich gebaut und lässt die Besuchenden ohne 3-D-Brille eintauchen. Pandabären, rote Schuhe und Thurgauer Äpfel erscheinen wie Assoziationen aus Träumen, Erinnerungen oder digitalen Bilderfluten, die durch den Bilderrausch flottieren.
Jetzt das ganze Video ansehen:
Auch bei uns im Magazin ist eine ausführliche Besprechung der Ausstellung von Olga Titus erschienen.
Sie beginnt so:
Kunst ist immer dann besonders gut, wenn sie Grenzen verschiebt und Neues wagt. Olga Titus gelingt das in ihrer Ausstellung „Das ausgebrochene Pixel“ im Kunstmuseum Thurgau auf fantastische Weise.
Expert:innen zu befragen ist immer ein guter erster Schritt, um Dinge begreifen zu können. Fragt man also in diesem Sinne auf der Suche nach Antworten, den Verband österreichischer Höhlenforscher, wie denn dieser wundersame Raum zu bezeichnen sei, der da im Kellergewölbe des ehemaligen Kartäuserklosters in Ittingen entstanden ist - so erhält man in einem Papier der Höhlenforscher eine klare Antwort. Am ehesten sei dies wohl als „Grotte“ zu bezeichnen. Denn anders als Höhlen können Grotten auch künstliche Objekt beinhalten, so die Definition der geologischen Expert:innen.
Und das ergibt ja auch total Sinn, wenn man den Raum mal gesehen hat: Pinkfarbener, flauschiger Teppich auf dem Boden, wild, wirr und bunt bedruckte Tapete an den Wänden, sphärische Klänge aus den Lautsprechern und mitten im Raum gleichmässig verteilt sechs überdimensionierte, ebenfalls bunt bedruckte Stoffbahnen, die Stalagmiten-ähnlich in die Höhe wachsen - was sonst als eine Grotte sollte dieser verwunschene Ort im pink-violetten Dämmerlicht sein? Weiterlesen...
Entgleisende Bildmotive
Überwuchert von lianenartigen Gebilden, zerfliesst das überbordende Landschaftskonglomerat in Fehlstellen. Die Perfektion wird von ausgebrochenen Pixeln unterwandert. Diese Leerstellen brillieren in ihrer Widerspenstigkeit mit eigenwilliger Schönheit. Auf sehr zeitgenössische Weise verbindet Olga Titus Bildwelten der Gegenwart mit Vorstellungen unserer Psyche.
Neben dieser ortsspezifischen Rauminstallation simulieren in der Ausstellung die grossformatigen «Paillettengemälde», die Olga Titus seit einigen Jahren entwickelt, mit analogen Mitteln die Wirkung digitaler Bilder.
So ist auch das Atelier von Olga Titus Werkstatt, technische Versuchsanordnung und Wundertüte zugleich: Auf experimentelle Weise überführt die Künstlerin optische Illusionen, Schaukästen und Apparate aus der Kinderstube des Kinos in die Jetztzeit. Mittels Handwerk und Multimedia entwickelt sie gleichsam analoge «special effects».
Zwischen Nostalgie und Futurismus
Olga Titus’ Collagieren von Kitsch, Kult und Konsum bringt festgefügte Vorstellungen ins Wanken. Insbesondere wenn die Ostschweizerin – ihre Wurzeln in Graubünden, Malaysia und Indien verbindend – spitzbübisch wie todernst mit den Wünschen und Zuschreibungen des Publikums spielt und hintergründig Fragen nach Identität und Stereotypen aufwirft. So wenden sich in ihren Videos Witz und Ironie auch oft in eine Nachdenklichkeit, die Selbst- und Weltanschauungen in Frage stellt. Die Künstlerin kippt die Schubladen in den Köpfen aus und kreiert nostalgisch-futuristische Wunderkästen des 21. Jahrhunderts.
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