von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 26.09.2019
Kanton kauft Kunstmuseum
Der Thurgau und die Stiftung Kartause Ittingen haben ihr Verhältnis zueinander neu geregelt. Das macht auch offensichtlich, wie wenig Ordnung bislang herrschte. Es gab nicht mal einen Mietvertrag.
Das Projekt „Sanierung und Erweiterung Kunstmuseum Thurgau“ ist einen Schritt weiter: Der Kanton Thurgau und die Stiftung Kartause Ittingen haben nach Angaben einer Medienmitteilung ihre vertraglichen Grundlagen für das Kunstmuseum Thurgau und das Ittinger Museum neu geregelt. Wobei neu geregelt fast eine Beschönigung ist, denn eigentlich wurden die Verhältnisse offenbar erstmals ordentlich geklärt.
Zwar bestand seit 1998 eine Vereinbarung zwischen beiden Parteien über die Nutzung der Museumsräumlichkeiten auf dem Gelände der Kartause. Einen Mietvertrag gab es aber darin beispielsweise nicht. Das neue Vertragswerk enthalte nun „einen Baurechtsvertrag, einen Mietvertrag, einen Gebrauchsleihevertrag sowie eine Leistungsvereinbarung“, heisst es in einer Medienmitteilung des Regierungsrats.
1,2 Millionen Franken zahlt der Kanton für die Museumsgebäude
Eine Konsequenz der neuen Verträge ist: Der Kanton Thurgau kauft die Gebäude in denen die beiden Museen untergebracht sind. Dafür zahlt der Kanton 1,21 Millionen Franken. Dieser Betrag wurde laut Regierungsrat über eine Sachwertschätzung einer externen Firma ermittelt. Endgültig fix ist der Kauf allerdings noch nicht - der Grosse Rat muss dem erst noch zustimmen. Dies soll laut Medienmitteilung aber zusammen mit der Genehmigung des Budgets 2020 in den nächsten Wochen erfolgen.
Hintergrund der Neuregelung sind auch die Erfahrungen aus dem gescheiterten Vorgängerprojekt zur Sanierung und Erweiterung des Kunstmuseums. Deshalb werde nun „eine Entflechtung von Trägerschaft und Finanzierung“ angestrebt, heisst es in den Unterlagen des Regierungsrats zum neuen Baurechtsvertrag. Dabei sollen die Eigentumsverhältnisse klar und die Rollen der involvierten Parteien sowohl bei der Sanierung als auch bei einer Erweiterung „rechtlich, finanziell und kompetenzmässig transparent sein.“
In den neuen Verträgen wird auch geregelt, dass die Stiftung einer Erweiterung des Kunstmuseums zustimmt, sollte diese vom Thurgauer Stimmvolk angenommen werden. Die Flächen dafür sind bereits klar umrissen: Eine Erweiterung könnte demnach „im Nordhof innerhalb der Klostermauern“ entstehen.
Die Stiftung hat schon vor Wochen ihre roten Linien gezogen
Beinahe unbemerkt von der Öffentlichkeit hatte die Stiftung Kartause Ittingen bereits vor einigen Monaten ihre Position zu einer möglichen Erweiterung des Kunstmuseums dargelegt. In der Publikation „Bauen in Ittingen“ hatte Robert Fürer, einer der Protagonisten des ersten, gescheiterten Vorhabens, die Grenzen des Zumutbaren für die Stiftung klar beschrieben.
Aus der Baugeschichte heraus erklärt Fürer, dass eine Erweiterung des Kunstmuseums eigentlich nur im so genannten Nordhof der Kartause in Frage komme. Er verweist dabei unter anderem auf ein Gutachten des Bundesamt für Kultur (BAK) aus dem Jahr 2012.
Ein vom Kanton ebenfalls erwogener Standort im Bereich der Gärtnerei, lehnt die Stiftung ab. Auch hierfür greift Fürer auf die Baugeschichte des Klosters zurück: „Zum Innersten, zum Gebet und zur Kunst gelangt nur, wer das Eingangsportal durchschritten hat, und zum Eingangsportal gelangt nur, wer von aussen durch eines der drei Tore gegangen ist. Diese Hierarchie entspricht dem beschriebenen dreifachen Schutz des Mönchs durch Klausur, Kloster und örtliche Lage. Ein Neubau für das Kunstmuseum anstelle der Gärtnerei würde diese bewusste Ordnung zunichtemachen“, schreibt Robert Fürer.
Stiftung: Die Bildmarke der Kartause darf nicht zerstört werden
Bei einem Erweiterungsbau müsse man zudem auch auf das Gesamtbild der Kartause Rücksicht nehmen: „Der Blick Richtung Ostmauer, zu den dahinterliegenden Zellen IV bis VII und zum Osttrakt samt den Fassaden der Kirche und des Südtrakts zeichnet das typische Bild einer Kartause und ist eine Bildmarke für Ittingen geworden. Ein zwischen die Ostmauer und die Zellen gesetzter Neubau des Kunstmuseums würde diese Bildmarke zerstören“, so Fürer.
Im März dieses Jahres hatte der Kanton in einer grossen Medienkonferenz seine Pläne in der Sache geschildert. Damals erläuterte Kantonsbaumeister Erol Doguoglu: „Wenn eine Erweiterung des Kunstmuseums noch gelingen kann, dann nur mit einer Art „Epochenverband“ aus unterirdischen Erweiterungen im Bereich des Nordhofes, teilweise Umnutzung oder Ersatz der Nordzellen und einer massvollen Erweiterung im Bereich der Gärtnerei.“ Wie das genau aussehen soll, wollte die Gruppe um den Kantonsbaumeister aber noch nicht festlegen. Sie wollten vor allem Rahmenbedingungen festlegen und aufzeigen, wie man doch noch zu einer Lösung kommen könnte (den gesamten Bericht des Kantonsbaumeister gibt es hier).
Kantonsbaumeister empfiehlt Mischung aus ober- und unterirdischen Bauten
In seinen Empfehlungen legte der Kantonsbaumeister also nicht einen fixen Standort im Gelände fest, sondern er definierte ein Baufenster, in dem aus seiner Sicht ein solcher Erweiterungsbau möglich sei. Dieses befindet sich im Bereich des Nordhofes der Kartause und der Gärtnerei. Doguoglu schlägt eine Mischung aus ober- und unterirdischen Bauten vor.
Die Planungskommission unter der Leitung von Erol Doguoglu arbeitet nun an den konkreten Ideen. Inhaltlich ist das Ziel klar: Am Ende soll ein architektonisch, denkmalpflegerisch und betrieblich überzeugender Entwurf stehen. Zeitlich bleibt man auch heute noch etwa vage: In der zweiten Hälfte 2020 sollen Ergebnisse vorliegen.
Weiterlesen: Sämtliche bei uns erschienenen Texte rund um Sanierung und Erweiterung des Kunstmuseums finden Sie auch gebündelt in unserem Dossier zum Thema.
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