von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 04.11.2020
In der Warteschleife
Die Auszahlungen der Corona-Hilfen an Thurgauer Kulturschaffende und Kulturunternehmen laufen schleppend. Das liegt oft an bürokratischen Tücken der Anträge.
Gerade mal ein Viertel der zwischen März und 28. September 2020 beantragten Corona-Hilfsgelder wurden bislang vom Kanton an Kulturunternehmen und Kulturschaffende aus dem Thurgau ausgezahlt. Das zeigt eine Übersicht, die der Regierungsrat in einer Beantwortung einer einfachen Anfragen von Ueli Fisch zum Lotteriefonds auflistet. Demnach wurden rund 8,1 Millionen Franken an Hilfen beantragt, erst knapp 1,9 Millionen waren davon bis zum 28. September zugesprochen worden.
Nach Angaben von Kulturamtsleiterin Martha Monstein liegt das auch an bürokratischen Tücken der Anträge. So müsse das Kulturamt beispielsweise vor der endgültigen Auszahlung einer Erwerbsausfallentschädigung die Meldung des Amtes für Wirtschaft zur Kurzarbeit des betroffenen Kulturunternehmens abwarten. Beide Leistungen werden am Ende miteinander verrechnet.
Verzögerungen liegen laut Monstein zudem daran, dass die Gesuche insgesamt sehr komplex seien, die Anträge nicht immer zu den Bedürfnissen der Kulturbranche passten und sich ausserdem die Richtlinien für Erwebsausfallentschädigung und Kurzarbeit sich immer wieder geändert haben in den vergangenen Monaten.
Mehr als 22 Prozent der Anträge wurde abgelehnt
Die Statistik zeigt auch, dass vergleichsweise viele Anträge abgelehnt wurden: Von 152 eingegangenen Gesuchen, wurden 34 abgewiesen. Das sind mehr als 22 Prozent. Formale Gründe seien hierfür ausschlaggebend gewesen, erklärt Kulturamtsleiterin Martha Monstein: „Es gibt strenge Vorgaben für den Geltungsbereich der Hilfsgelder. Nicht alle Gesuchsteller passten in diesen Geltungsbereich hinein.“ Die Konsequenz daraus ist wie immer, wenn mehr Gesuche eingehen als eigentlich zulässig für diesen Bereich: Der gesamte Prozess verzögert sich, weil Antragsteller die Ansprüche haben von denen aussortiert werden müsse, die keine Ansprüche nach dem Gesetz haben.
Keiner der Anträge sei jedenfalls aus inhaltlichen Gründen abgewiesen worden, so Monstein weiter. Aber bei den Vorgaben gehe es auch um Grundsätze. So könne ein Kulturunternehmen, das nicht mindestens 50 Prozent seines Geschäftsumsatzs im Kulturbereich erziele, nicht berücksichtigt werden. Festgelegt sind diese Vorgaben im Covid-19-Gesetz.
Falls notwendig, will der Regierungsrat mehr Gelder bereitstellen
Angesichts der aktuellen Zahlen - 1,9 Millionen Franken ausgezahlt, Anträge über weitere 2,9 Millionen Franken noch nicht entschieden - geht der Regierungsrat davon aus, dass die aus dem Lotteriefonds bereit gestellten 5 Millionen Franken ausreichen, „um auch im Jahr 2021 gezielte Unterstützungsleistungen zu ermöglichen“, wie es in der Beantwortung der einfachen Anfrage heisst. Sollte das Geld nicht ausreichen, sollen jedoch weitere Summen aus dem Lotteriefonds bereit gestellt werden.
Transparenz-Hinweis: Kulturamtsleiterin Martha Monstein ist auch Verwaltungsrätin bei der gemeinnützigen Thurgau Kultur AG, die thurgaukultur.ch betreibt. Alle Details zur Struktur und Finanzierung von thurgaukultur.ch findet ihr hier.
Wer kann Gelder wo beantragen? Eine Kurzanleitung
Mit dem neuen Covid-19-Gesetz wurde die finanzielle Unterstützung im Kulturbereich neu geregelt. Ab sofort können Betroffene wieder Corona-Hilfen beantragen. Auf der Webseite des kantonalen Kulturamts sind die Unterstützungsmassnahmen zusammengefasst. Dort ist unter anderem ersichtlich, wer wo Ausfallentschädigungen beantragen kann. Hier schon mal eine kleine Übersicht:
Kulturunternehmen mit Sitz im Kanton Thurgau können beim Kulturamt Thurgau bis Ende 2021 Finanzhilfen in Form von Ausfallentschädigungen und neu auch Beiträge für Transformationsprojekte beantragen.
Kulturschaffende können Nothilfe bei Suisseculture Sociale beantragen sowie Erwerbsersatzentschädigung bei der Ausgleichskasse ihres Wohnkantons, im Kanton Thurgau ist das SVZTG zuständig. Es ist nicht mehr möglich, Ausfallentschädigungen für Kulturschaffende beim Kulturamt Thurgau zu beantragen.
Kulturvereine im Laienbereich können via Verbände ein Gesuch um finanzielle Unterstützung beim Bundesamt für Kultur stellen. Kulturvereine im Laienbereich mit einem Projektbudget von über 50'000 Franken und einem finanziellen Schaden von über 10'000 Franken können beim Kulturamt ein Gesuch um Ausfallentschädigung stellen.
Alle wichtigen Informationen sind auf der Webseite des Kulturamts Thurgau aufgeschaltet.
Weitere Beiträge von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter
- Wo sind die Wege aus der Raum-Krise? (25.11.2024)
- In acht Schritten zum eigenen Kunstraum (21.11.2024)
- Alte Mauern, neue Gedanken (11.11.2024)
- Auf Kinderaugenhöhe (21.10.2024)
- Was hält uns zusammen? (16.10.2024)
Kommt vor in diesen Ressorts
- Kulturpolitik
Kommt vor in diesen Interessen
- Kulturförderung
- Nachricht
Ist Teil dieser Dossiers
Ähnliche Beiträge
Ohne Raum bleibt alles nur ein Traum
Vor welchen Herausforderungen steht Gemeinschaft heute? Und wie kann Kultur Gemeinschaft stiften? Diesen Fragen gaben den Impuls zur dritten Thurgauer Kulturkonferenz. mehr
Was hält uns zusammen?
Die dritte Thurgauer Kulturkonferenz begibt sich auf die Suche nach Zukunftsmodellen für unser Zusammenleben. Die grosse Frage dabei: Welche Rolle kann Kultur in Gemeinschaften spielen? mehr
«Falsch gespart»: Kritik am Sanierungs-Stopp
Pro Infirmis kritisiert den Entscheid des Regierungsrats, das Schloss Frauenfeld vorerst nicht barrierefrei zu machen. Damit würden Menschen mit Behinderung vom Historischen Museum ausgeschlossen. mehr