von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 13.07.2020
«Die Kultur wird länger leiden als alle anderen»
Seit dem Corona-Lockdown ist der Kultursektor im Dauer-Krisenmodus. Wie kommt man da wieder raus? Und wie viele Kulturschaffende werden das überleben? Alex Meszmer, Geschäftsleiter von Suisseculture, sucht nach Antworten.
Herr Meszmer, nach Monaten des Corona-Stillstands sind inzwischen fast alle Kultureinrichtungen wieder geöffnet. Aus Ihrer Perspektive: Wie geht es den Kulturschaffenden heute?
Viele mit denen ich gesprochen habe sind verunsichert, manche verzweifelt und sie hoffen auf eine baldige Normalisierung der Situation. Gleichzeitig ist klar, dass dies sehr ungewiss bleibt. Auch wenn einige Kulturorte wieder öffnen, stellen sich für jeden Einzelnen Fragen: Wie muss mein Schutzkonzept aussehen? Macht es Sinn zu öffnen? Können wir die Abstand- und Hygieneregeln einhalten? Für die Kulturschaffenden gibt es mit den Erwerbsausfallentschädigungen der SVA, der Nothilfe von Suisseculture Sociale und den Ausfallentschädigungen bei den Kulturämtern der Kantone zwar Auffangmassnahmen für die noch andauernde Ausnahmesituation. Was aber eine für alle offene Frage ist: Wie geht es nach September weiter? Ausfälle für Veranstaltungen, Ausstellungen und Events können nur so lange geltend gemacht werden, solange diese geplant werden.
Warum ist das ein Problem?
Es gibt grundsätzlich eine Vorlaufzeit von mehreren Monaten für die Planung. Den Kulturbereich kann man halt nicht einfach aus- und dann wieder einschalten. Viele Veranstalter sagen, dass für sie eine Planung erst ab Herbst 2021 halbwegs realistisch ist. Die Veranstalter sind zurückhaltend und auch das Publikum ist zurückhaltend. Das bedeutet, dass der Kulturbereich noch sehr lange betroffen sein wird und das bedeutet auch, dass vor allem die Kulturschaffenden länger darunter leiden werden als alle anderen.
„Für die Revitalisierung des Kulturbereichs braucht es ein Konjunkturprogramm und es braucht Ideen dafür.“
Alex Meszmer, Kulturfunktionär (Bild: Sascha Erni)
In einer aktuellen Stellungnahme haben 84 Kulturverbände und Stiftungen jetzt mehr Geld für die Unterstützung der Kultur gefordert. Warum reichen die bislang vorgesehenen 1,5 Milliarden Franken nicht aus?
Die 1,5 Milliarden waren ein inzwischen publik gewordener Vorschlag, der im Bundesrat auf 280 Millionen, zuerst für zwei Monate und Mitte Mai dann für sechs Monate gesprochen wurden. Die Mittel für die Massnahmen in der Kultur liegen also erheblich darunter und es ist schon eine Weile klar, dass sie nicht ausreichen werden. Nicht einmal bis Ende September und solange dauern die Covid-19 Massnahmen erst einmal an. Das dringliche Bundesgesetz, das im September ins Parlament kommt, wird diese ersetzen. Die Stellungnahme macht klar, dass es eine Weiterführung der Massnahmen für den Kulturbereich braucht. Aber nicht nur das, es braucht auch eine Revitalisierung danach.
Ebenfalls gefordert wird in der Stellungnahme eine Vereinfachung der Unterstützungsmassnahmen. Was ist bislang so kompliziert daran?
Die Covid-19 Verordnung sieht die Subsidiarität der einzelnen Massnahmen vor. Erwerbsausfallentschädigungen der SVAs, die Nothilfe von Suisseculture Sociale und die Ausfallentschädigungen der Kantone werden mit einander verrechnet. Eine Lösung wie dies geschehen kann, gab es im April. Im Laufe der Zeit und vor allem mit der Verlängerung der Massnahmen stellte sich heraus, dass dies nicht so einfach ist. Bei den Erwerbsausfallentschädigungen gab es mehrfach Anpassungen und die Gesuchsprozesse sind aufwändig. Vereinfachungen können dazu führen, dass die Kulturschaffenden schneller Geld erhalten.
Schauen wir mal in die konkreten Situationen und Bedürfnisse. Aus all den Anfragen von Kulturschaffenden, die Sie in den vergangenen Wochen auf den Tisch bekamen: Was war das grösste Problem?
Wo soll ich da anfangen? Ein grösstes Problem fassen zu wollen, würde dem Kultursektor einfach nicht gerecht. Er ist divers und die Probleme sind divers. Das kann ich auch als eine Erfahrung aus den letzten turbulenten Wochen und Monaten so sagen: Der Kulturbereich ist viel diverser, als ich es bereits wusste! Um als Kulturschaffende überhaupt überleben zu können, braucht es ein sehr ausbalanciertes Netz an Tätigkeiten, die das Auskommen sichern.
Und dieses Netz ist bei vielen gerissen?
In der Tat. Vor allem, weil Kulturschaffende nicht nur selbstständig erwerbend sind, sondern auch teilweise angestellt oder mit vielen kurzen Anstellungen. Kulturschaffende arbeiten in vielen Bereichen, sei dies in der Bildung, im Design oder in kleinen bis grösseren Brotjobs, von Nachtwachen bis Gastro. Diese fein austarierten individuellen Modelle, die zumeist ein geringes Einkommen ermöglichen, sind fast alle aufs Mal zusammengebrochen. Diese Modelle überfordern die staatlichen Stellen (SVA, SECO, BSV) sehr schnell, weil sie immer noch von einem Modell ausgehen, dass entweder selbstständig (erfolgreicher Geschäftsmann) oder klassisch 9 to 5 angestellt (Sekretärin?) kennt.
„In einigen Kantone werden Sparübungen schon traktandiert, bevor das Ausmass der Kosten überhaupt absehbar ist.“
Alex Meszmer, Geschäftsleiter Suisseculture (Bild: Sascha Erni)
Die Thurgauer Pianistin Simone Keller hat uns ihren Fall geschildert: 25‘000 Franken Umsatzverlust seit dem Lockdown, nur ein Bruchteil konnte sie von den Ersatzleistungen decken. Sie lebt wesentlich von ihren Ersparnissen. Was raten Sie Menschen wie Simone Keller?
Das ist ein grosses Problem: Vor allem die Kulturschaffenden, die sehr stark wechselnde Engagements haben, kurzfristig angestellt und selbstständig auf Honorarbasis arbeiten, stehen irgendwo dazwischen und fallen dauernd durch die Raster.
In ihrem speziellen Fall gibt es viele Fragen: Ist sie selbstständig oder teilselbstständig erwerbend? Direkt oder indirekt betroffen? Wurden die Leistungen der EO angepasst? Hat Simone ein Wiedererwägungsgesuch gestellt? Hat sie bei Suisseculture Sociale eingegeben? Und beim Kulturamt des Kantons Thurgau Ausfallentschädigung beantragt? Wie ich bereits sagte: Jede Kulturschaffende ist besonders und ein Einzelfall. Das hat viele Stellen überfordert, aber es gab auch viele Anpassungen. Diese konnten nicht jedem Einzelfall gerecht werden und es gibt immer noch sehr viele offenen Fragen. Suisseculture hat einen Animationsfilm in Auftrag gegeben um die Massnahmen Kultur zu erklären. Die junge Animationsfilmerin Estelle Gattlen hat ihn umgesetzt.
Ich glaube, die wichtigstes Information dieses Films ist: Wenden Sie sich bei Problemen an den Berufsverband, der für ihre Sparte zuständig ist! Die Verbände waren in den letzten Wochen die wichtigen Quellen für neue Entwicklungen und grundsätzliche Informationen und werden es auch in der nächsten Zeit noch sein. Sie erleben zur Zeit auch einen grossen Zulauf und das genau, weil sie die wichtigen Informationsquellen sind.
Um nochmal auf die Ursprungsfrage zurückzukommen: War das grösste Problem in der Krise, dass die Situation alle gleichermassen überfordert hat?
Es ging alles sehr schnell und die Situationen änderten sich täglich, manchmal mehrmals täglich. Es ist in einem solchen Moment nicht möglich, eine mittel- oder langfristige Perspektive zu entwickeln. Es war fast nicht möglich Sachen genau zu durchdenken, weil es sehr viele Detailfragen gibt, die immer schnelle Lösungen erforderten. Die letzten Wochen und Monate konnten wir – und mit wir meine ich die Kulturverbände, die Behörden, die Kantone, die Kulturunternehmen und -schaffenden – fast ausschliesslich kurzfristig agieren. Das macht es für alle Beteiligten schwierig. Dafür war es wichtig viel miteinander zu kommunizieren und so zu versuchen die Probleme zu lösen.
„Es war fast nicht möglich Sachen genau zu durchdenken, weil es sehr viele Detailfragen gibt, die immer schnelle Lösungen erforderten.“
Alex Meszmer, über eines der grössten Probleme in der Krise (Bild: Sascha Erni)
Anders als in anderen Ländern war in der Schweiz die Kultur relativ schnell auf der Agenda der Politik. Es gab zum Beispiel im Vergleich zu Deutschland, schnell spezielle Massnahmen für den Kultursektor. Woran lag das?
Das mag daran liegen, dass in der Schweiz Politik anders gemacht wird. Es gab von Anfang an einen grossen Aufschrei der Verbände aus allen Kulturbereichen, der vom Bundesrat gehört wurde. Sonart schaltete sofort ein Formular auf der Webseite auf und begann Ausfälle von Veranstaltungen/Honoraren zu sammeln, durch das wir erste Zahlen bekamen, das BAK und Pro Helvetia luden Vertreter im März zu einer ersten Anhörung mit Vertretern des SECO und des BSV ein und die Notmassnahmen für die Kultur wurden sehr schnell zusammen entwickelt, mit den Kantonen und privaten Kulturförderern. Die Ausführungen haben länger gedauert und nicht alles klappt reibungslos. Aber: Es gab eine grosse Bereitschaft von allen Beteiligten konstruktiv zusammenzuarbeiten und gute Lösungen zu entwickeln. Das Ziel von allen Beteiligten war und ist es, den Kulturbereich und die kulturelle Vielfalt in der Schweiz zu erhalten.
Gibt es in der Schweiz ein höheres Bewusstsein für die Bedeutung von Kultur oder war Ihr Lobbying einfach so erfolgreich?
Was es in der Schweiz gibt, ist ein sehr intensiver politischer Diskurs und da war Kultur plötzlich wieder auf der Agenda. Wir konnten feststellen, dass es in der Schweiz eine Mehrheit gibt, die ein Bewusstsein dafür hat, dass Kultur gesellschaftlich relevant ist. Das ist immerhin ein Anfang. Da plötzlich keine Veranstaltungen mehr stattfanden, realisierte auch das Publikum, dass etwas Wichtiges fehlt. Sonst wären nicht so viele Initiativen im Netz entstanden, um dieses Vakuum zu füllen.
Wie geht es jetzt weiter? Die meisten Einrichtungen sind wieder geöffnet. Trotzdem müssen wir alle lernen mit dem Virus zu leben. Wie kann das in Kultureinrichtungen gelingen?
Jede Einrichtung braucht ein Schutzkonzept und die Diskussionen dazu sind vielfältig. Offen bleibt, ob ein Normalbetrieb mit grösseren Abständen möglich ist und auch ob der Betrieb zumindest kostendeckend sein kann. Es ist auch ungewiss, ob das Publikum zurückkommt. Der „Tagesanzeiger“ titelte vor einiger Zeit, dass Schweizer in der nächsten Zeit weniger für Kultur ausgeben wollen. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Lockerungen für Viele auch gleichbedeutend sind mit: Jetzt ist es vorbei! Die steigenden Fallzahlen zeigen, dass die Vorsicht nachlässt. Es bleibt alles ungewiss, vor allem im Hinblick auf eine mögliche zweite Welle. Da ist auch noch offen, wie mit weiteren Ausbrüchen umgegangen wird, ob diese zu lokalen oder regionalen Beschränkungen führen werden. Einen Vorgeschmack haben wir mit den Fällen in den Zürcher Clubs gerade gehabt.
„Das Ziel von allen Beteiligten war und ist es, den Kulturbereich und die kulturelle Vielfalt in der Schweiz zu erhalten.“
Alex Meszmer (Bild: Sascha Erni)
Ab wann rechnen Sie mit so etwas wie einem Normalbetrieb?
Die Frage ist, ob es jemals wieder einen Normalbetrieb geben wird. Klar ist: Solange es Veranstaltungs- und Reisebeschränkungen gibt, gibt es für den Kulturbereich keinen Normalbetrieb und solange die Unsicherheiten nicht einigermassen ausgeräumt sind, auch nicht. Mobilität ist für die Kultur sehr wichtig. Ohne die Entwicklung eines Impfstoffs oder wirksamer Medikamente wird dies noch länger dauern. Bei einem Gespräch mit Bundesrat Berset betonte er, dass es noch mindestens zehn Monate dauern wird, bis es einen Impfstoff geben wird. Die Frage ist auch, wie die Entwicklung weltweit weitergehen wird, denn die weltweiten Fallzahlen steigen noch immer täglich an. Das bedeutet noch lange Unsicherheit, wenn es um das Reisen geht. Veranstalter sagten mir, dass sie frühestens für Herbst/Winter 2021 planen, vor allem, wenn es um internationale Kulturschaffende geht.
Mein Eindruck ist, dass das dicke Ende für die Kultur ohnehin erst noch kommt. Wenn absehbar wird, wie viel Geld die Eindämmung der Pandemie wirklich gekostet hat, werden neue Spar-Haushalte und Spar-Budgets kommen. Mögliche Kürzungen könnten dann auch die Kultur treffen. Wie wollen Sie dem entgegen steuern?
Das hat schon begonnen. In einigen Kantone werden Sparübungen schon traktandiert, bevor das Ausmass der Kosten überhaupt absehbar ist. Ein aktuelles Beispiel erleben wir gerade bei der Stadt St. Gallen. Abgesehen davon wird auch die Umsetzung der Umsatzsteuerreform III die Kantone einiges kosten. Die Sparprogramme trafen und treffen immer die Kultur. Die Pandemie hat aber auch gezeigt, dass es nicht nur in der Kultur, sondern auch in anderen Bereichen prekäre Einkommensverhältnisse und eine mangelnde soziale Absicherung gibt. Die Sozialversicherungen brauchen dahingehend dringend ein Update für das 21. Jahrhundert. Kulturschaffende waren das Rollenmodell für diese Entwicklungen und die Kulturschaffenden sind mit den Verbänden gut organisiert. Es gibt also Verhandlungspartner für solche bitternötigen Reformen, die Erfahrungen gesammelt haben.
„Es wird einfach weiter erwartet, dass wir KünstlerInnen als Pausenclown agieren, ohne dafür bezahlt zu werden.“
Alex Meszmer (Bild: Sascha Erni)
Ändert sich dann irgendwann auch etwas an den Honoraren der KünstlerInnen?
Gute Frage. In die Kulturbotschaft, die in der Herbstsession im Parlament behandelt wird, hat ein Passus zu Künstlerhonoraren Eingang gefunden. Es ist sehr wichtig, dass dieser auch drin bleibt. Denn das Grundproblem, dass Kulturschaffende sehr wenig Einkommen erwirtschaften können, bleibt und wenn wir dies nicht angehen, wird sich erstens nichts ändern und zweitens wird es viele Kulturschaffende geben, die erschöpft aufgeben müssen. Und dann ist die kulturelle Vielfalt in der Schweiz bedroht.
Vom Ausbau oder höheren Budgets für Kultur traut man sich ja fast gar nicht mehr zu reden. Deshalb: Wie kann man die kulturelle Infrastruktur in der Schweiz in so einer Lage zumindest erhalten?
Massgebend wird dafür die Umsetzung der Covid VO Kultur in ein dringliches Bundesgesetz sein, das in der Herbstsession in die Räte kommt. Aber es ist das Eine, das Vorhandene zu retten und das Andere, den Geretteten auch eine Chance zu geben, sich wieder zu entwickeln. Für die Revitalisierung des Kulturbereichs braucht es ein Konjunkturprogramm und es braucht Ideen dafür. Digitalisierung ist sicherlich ein wichtiges Stichwort, aber auch die kulturelle Teilhabe des Publikums, das man durchaus miteinbeziehen sollte. Diese Pandemie bietet auch Chancen und ich habe ein grosses Vertrauen in die Fähigkeiten der Kulturschaffenden, dem Ungewissen ins Auge zu schauen und ungewöhnliche neue Ideen zu entwickeln.
Sie haben die Digitalisierung erwähnt. Im Corona-Lockdown sind wahnsinnig viele digitale Initiativen entstanden, viele aber wieder kostenlos. Wie viele Chancen liegen wirklich in der Digitalisierung oder wechselt die Ausbeutung dann nur von analog zu digital?
Corona hat gezeigt, dass das Publikum ein Bedürfnis für Kultur hat und die Kulturschaffenden braucht. Nur sind Streaming-Angebote auch nicht die Lösung, denn wir fallen sehr schnell wieder zurück in das alte Muster, dass Kulturschaffende nicht für ihre Arbeit entlöhnt werden und Urheberrechte angezweifelt werden. Es wird einfach weiter erwartet, dass wir als Pausenclown agieren, ohne dafür bezahlt zu werden. Denn: Sie machen das ja gerne, die Kulturschaffenden!
„Es war fast nicht möglich Sachen genau zu durchdenken, weil es sehr viele Detailfragen gibt, die immer schnelle Lösungen erforderten.“
Alex Meszmer
Sie sind in Zeiten der denkbar grössten gesellschaftlichen Krise in den neuen Job bei Suisseculture gestartet. Jetzt kann Sie eigentlich nichts mehr schocken, oder?
Mein Vorgänger sagte mir bei der Übergabe: Am Anfang des Jahres und in den ersten Monaten wird nicht viel los sein. Das hat sich, wie wir wissen, nicht bewahrheitet. Der Vorteil so in diese Aufgabe gestartet zu sein, ist es, dass es keine Möglichkeit zum Zögern gab. Es ging darum, sofort Strategien zu entwickeln und Kooperationen einzugehen. Ich bekam sehr viel Unterstützung durch meinen Vorstand, durch meinen Kollegen Etrit Hasler, dem Geschäftsführer von Suisseculture Sociale, der mit mir am 1. Januar 2020 angefangen hat und durch die Vertreter der Mitgliedsverbände. Bis Ostern haben wir praktisch alle 24/7 durchgearbeitet und in der Rückschau verdichtet sich das zu einer so intensiven Zeit, für die es schwierig ist nachzuvollziehen, was wann passiert ist. Ich dachte ja immer, nach den beiden Jahren Pfyn – Kulturhauptstadt der Schweiz 2011/12 kann mich nichts mehr schocken. Die Pandemie war in den letzten Monaten sicherlich eine Steigerung und ich hoffe, dass wir in absehbarer Zeit einmal zum Courant normal zurückkehren können.
Schauen wir zum Schluss noch mal nach vorne: Was glauben Sie, wie wird die Kulturbranche durch die Krise kommen? Wie viele Einrichtungen werden in Folge der Pandemie auf der Strecke bleiben?
Die Kulturbranche wird länger von der Krise betroffen sein als alle anderen Branchen und sie wird nach dieser Krise nicht mehr dieselbe sein. Wir hoffen, dass die Kultur mit einem blauen Auge davon kommen wird. Vereinzelt hört man schon von Einrichtungen, die schliessen, von Verlagen auf deren Webseiten die Notiz auftaucht, dass es sie nicht mehr gibt. Die Folgen sind noch nicht absehbar und ich wage es nicht eine Voraussage zu machen. Ich hoffe nur.
„Bis Ostern haben wir praktisch alle 24/7 durchgearbeitet und in der Rückschau verdichtet sich das zu einer so intensiven Zeit, für die es schwierig ist nachzuvollziehen, was wann passiert ist.“
Alex Meszmer (Bild: Sascha Erni, ebenfalls auf dem Foto Meszmers Partner Reto Müller und ihr gemeinsamer Hund Tara)
Zur Person: Das ist Alex Meszmer
Alex Meszmer (*1968) war 2004 bis 2010 Vorstandsmitglied der visarteost und war von 2007 bis 2019 Mitglied des Zentralvorstands der visarte Schweiz. Er betreute dort die Ressorts Kommunikation, Publikation und internationale Beziehungen. In seiner Funktion als Vertreter der Schweizer Künstler war er seit 2012 Vorstandsmitglied und seit 2015 Vizepräsident von Culture Action Europe, dem grössten Kulturnetzwerk Europas, das die Interessen des Kultursektors in Brüssel vertritt. Seit 1. Januar 2020 ist er Geschäftsleiter von Suisseculture. Der Dachverband der Organisationen der professionellen Kultur- und Medienschaffenden der Schweiz engagiert sich im Bereich landesweiter und übergeordneter Interessen der in ihr angeschlossenen Verbände und Organisationen.
Alex Meszmer ist aber nicht nur Kulturfunktionär, sondern selbst auch Kurator und Künstler. Gemeinsam mit Reto Müller leitet er das Transitorische Museum in Pfyn. 2011 und 2012 war Pfyn Kulturhauptstadt der Schweiz. Im vergangenen Jahr hat das Duo MeszmerMüller einen Förderbeitrag des Kantons Thurgau erhalten.
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