von Bettina Schnerr, 03.07.2020
Verstecken und entdecken

Die letzten zwei Samstage waren für Kreuzlinger Kunstfreunde ein echtes Happening. Die Künstlerin Christina Nu versteckte jeweils eines ihrer Bilder im Stadtgebiet und Dutzende waren auf der Suche. Das dritte und letzte Werk versteckt Nu am kommenden Samstag gut getarnt. Doch wie kam die Malerin überhaupt auf die Idee zu ihrer Aktion #artandfound?
Über 7.200 FollowerInnen hat die Künstlerin Christina Nu auf Instagram. Jene aus der Region Kreuzlingen passen derzeit auf die Posts in ihrem Social Media-Kanal doppelt auf: Anfang Juni bereitete Nu die Aktion „art and found“ vor (oder besser #artandfound, wie es auf Social Media benutzt wird), bei der sie jeweils samstags eines ihrer Bilder auf dem Stadtgebiet versteckt. In jedem wasserdichten Päckchen steckt ein hochwertiger Kunstdruck, nummeriert und signiert. Obendrein professionell gerahmt. Zwei Samstage mit Finderglück sind bereits vergangen, ein dritter und letzter wird am kommenden Samstag folgen.
„Ich möchte der Region etwas zurückgeben, bevor ich für die kommenden Monate wieder ans Meer gehe,“ erklärt die Künstlerin. Sie konnte wegen der Rahmenbedingungen rund um die Corona-Pandemie nicht in ihr Atelier auf Ibiza zurückkehren, nachdem sie bei einer lokalen Schule einige Wochen als Kunstpädagogin gearbeitet hatte. „Vieles, was geplant war, konnte ich unter den Umständen nicht realisieren,“ erzählt sie. Auch grosse Ausstellungen in München und Madrid mussten abgesagt werden. „Dennoch nehme ich die Zeit als bereichernd wahr. Ich konnte die Zeit gut für mich nutzen. Das ist etwas, was mir nicht zuletzt die Menschen hier ermöglicht haben, die in meinem Umfeld alle sehr positiv mit der Situation umgegangen sind.“

Feuer und Flamme für #artandfound
Während dieser Wochen lernte sie die Kreuzlinger Rahmenbauerin Jenny Brenner kennen. Die gelernte Schreinerin war für Nus Idee, Kunst für jedermann zu verstecken, sofort Feuer und Flamme. Brenner, die selbst gerne malt und KünstlerInnen in ihrem Laden präsentiert, wählte mit gutem Auge die passenden Rahmen. Nu fand in einem Zürcher Unternehmen ausserdem einen geeigneten Partner für die Kunstdrucke. Dafür wählte sie drei verschiedene Werke aus ihrer Serie „Underwater“.
Von jedem Motiv gibt es elf Stück; die Nummer 1 ist jeweils die versteckte und die weiteren Drucke gehen demnächst in den Verkauf. Dass die Kunstdrucke „richtig gut“ geworden sind, wie Nu sagt, liegt an einer speziellen Drucktechnik. „Die Farbe ist nicht komplett flach, sondern spiegelt ganz leicht den erhabenen Farbauftrag der Bilder wieder. Das ist grossartig,“ findet Christina Nu.
Ob See oder Meer, Wasser ist ihre grösste Inspirationsquelle: „Wasser bietet eine gewisse Tiefe mit Schichten und es ist ein Element, in dem wir unsere ganz eigenen Stärken brauchen,“ findet Nu. „Wasser fordert Vertrauen in sich selbst und das Erleben lässt sich rational oft nicht erklären.“ Aus dieser Grundidee enstand die Motivserie „Underwater“. Sie spiegelt die Facetten, Farben und Bewegungsformen des Wassers auf unterschiedliche Art wieder. Ganz offensichtlich in der Farbzusammenstellung, aber auch in der Machart. Jedes Bild setzt sich aus unterschiedlichen Medien zusammen, die in bis zu 10 Schichten mit verschiedenen Maltechniken aufgebracht werden.

Begeistert von der grossen Resonanz
Vor der Suchaktion war Nu nervös: „Ich wusste nicht, wie viele Leute suchen würden oder ob überhaupt jemand schaut, geschweige denn, wie lange es dauern würde, bis ein Bild gefunden wird.“ Doch die Erfolge der ersten beiden Samstage waren überwältigend. „Ich bin begeistert von der Dynamik, die sich bei der Aktion entwickelt,“ schwärmt Christina Nu, die über zahlreiche Nachrichten auf Instagram mit den Kunstbegeisterten in Kontakt steht.
„Einige Leute gingen extra wegen des Bildes auf einen Spaziergang, andere fanden zwar das Bild nicht, aber jede Menge weitere Suchende.“ Das zweite Bild ging an einen Jungen, der ganz offensichtlich seine Mutter zur Bildersuche früh aus dem Bett gescheucht hatte. Nus frühmorgendlicher Hinweis auf Instagram verschaffte dem hellwachen Jungen sein Erfolgserlebnis.
Für den kommenden Samstag liegt das Versteck noch nicht fest, sagt Nu. „Ich berate mich mit Jenny Brenner, wie wir den findigen Kreuzlingern noch einmal richtig viel Freude auf der Kunst-Suche bereiten können.“ Wer selbst mitsuchen möchte, sollte ab Freitag noch den Instagram-Kanal von Christina Nu im Auge zu behalten und ganz besonders die Stories.


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