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von Sascha Erni, 21.06.2019

Toggenburger Klanghaus auf der Zielgeraden?

Toggenburger Klanghaus auf der Zielgeraden?
Die Vision eines Klanghauses im Toggenburg könnte schon bald Realität werden. Das Gebäude soll sich in seine Umgebung einfügen. | © Visualisierung: nightnurse images gmbh

Am 30. Juni stimmt das St. Galler Stimmvolk über den Bau des «Klanghaus» im Obertoggenburg ab. Das Projekt hat eine lange, bewegte Zeit hinter sich. Eine Bestandsaufnahme, kurz vor der Abstimmung.

Der 1. März 2016 war ein Schock für Mathias Müller. Der Kantonsrat und Präsident der Stiftung Klangwelt Toggenburg hatte eben telefonisch erfahren, dass ihr Projekt «Klanghaus» in der Schlussabstimmung des Kantonsrats gescheitert war – aber nicht etwa, weil es abgelehnt worden wäre, das Schlussresultat lag bei 56 Ja- zu 43 Nein-Stimmen. Es scheiterte, weil fürs erforderliche qualifizierte Mehr zu wenige Räte anwesend waren. 61 Ja-Stimmen hätte es gebraucht, fünfzehn Kantonsräte fehlten, unter ihnen fünf, die noch am Vortag das Projekt in höchsten Tönen gelobt hatten. «Ich dachte, das sei ein schlechter Scherz» liess sich Mathias Müller damals in der Presse zitieren.

Heute ist Müller zuversichtlicher. «Das Bauchgefühl ist gut», sagt er im Gespräch. Statt den Bettel hinzuwerfen entschied sich die Stiftung Klangwelt Toggenburg im Anschluss an die missglückte Abstimmung, das Projekt überarbeitet erneut in die Räte zu bringen. Nach dem Regierungsrat hiess dann schliesslich am 19. Februar 2019 auch der Kantonsrat das «Klanghaus» endlich gut: Beim Schwendisee in Alt St. Johann könnte ein einzigartiger Kulturbau entstehen, der als «Leuchtturm» überregionale und gar nationale Bedeutung erlangen soll. Am 30. Juni 2019 befindet das Stimmvolk über das Projekt, das sich der Kanton 22,3 Millionen Franken kosten lassen will. Kommt die Vorlage durch, wäre durch die bereits von der Stiftung gesammelten Drittmittel der Betrieb des Klanghauses auf mehr als 20 Jahre sicher gestellt.

Drei Männer, die das Projekt «Klanghaus» voranbringen wollen (von links): Christian Zehnder, künstlerischer Leiter der Klangwelt Toggenburg, Kantonsrat Mathias Müller, CVP-Stiftungspräsident der Klangwelt Toggenburg und Raphael Gygax, Geschäftsleiter der Klangwelt. Bilder: PD

Ein Haus nicht nur für Musik

Das Klanghaus hat eine lange Vorgeschichte und geht auf die Initiative des Musikers, Komponisten und Chorleiters Peter Roth zurück. Roth ist Mitinitiant der «Klangwelt Toggenburg», die als Stiftung seit 2003 verschiedene Erlebnis- und Kursangebote rund um die Themen Resonanz, Klang und Brauchtum anbietet. Neben den Kursen erfreut sich besonders der «Klangweg» grosser Beliebtheit und hat sich über die Jahre zu einem wahren Publikumsmagneten gemausert.

Video: 27 Klanginstallationen auf dem Klangweg (Video: Zora Debrunner)



Als Komponist wusste Peter Roth schon vor zwanzig Jahren, lange vor Gründung der Klangwelt, um die Bedeutung eines dazu passenden Raums – eines «Klanghauses» also. Raphael Gygax geht sogar einen Schritt weiter: «Wir brauchen diese Infrastruktur», sagt der Geschäftsleiter der Klangwelt Toggenburg. Denn es fehlt an geeigneten Räumlichkeiten. Seit Gründung führt die Klangwelt Konzerte, das Kursprogramm sowie das Klangfestival in der «Klangschmiede» und im Hotel Seegüetli durch. Das Hotel hat jedoch das Ende seiner Lebensdauer erreicht und wird zurückgebaut – und die Klangschmiede lässt rein vom Platz her keine weiteren, neuen Angebote wie etwa Symposien zu, bereits mit den bestehenden Kursen wird es nach Wegfall des Hotels Seegüetli eng.

Zwischen Tradition und Moderne

Fürs Klanghaus vorgesehen sind vier akustisch optimierte Klangräume, eine Stube mit Küche sowie zwei Aussenbühnen. Die Klangräume sind in der Planung vollständig mit einer speziellen Aufnahmetechnik versehen, damit die Musizierenden das Eingeübte sogleich wieder abhören können. Offen stehen soll das Klanghaus sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen oder Firmen, etwa für Seminare, Vorträge oder Projektwochen.

Das Klanghaus möchte sich nahtlos in die Obertoggenburger Natur am Schwendisee einfügen. Bild: Sascha Erni, Juni 2018


Durch die aussergewöhnliche Architektur soll eine genau so aussergewöhnliche Akustik geschaffen werden, ohne, dass das Klanghaus wie ein Fremdkörper wirkt. Es soll sich in seine voralpine Umwelt integrieren. «Traditionelle Musik braucht die Landschaft nicht aus malerischen Gründen, sondern als Resonanzraum und als Gegenüber», schreibt der St. Galler Regierungsrat in seiner Ratsbotschaft. Genau das möchte das Klanghaus erreichen, meint der künstlerische Leiter Christian Zehnder. «Die Idee fürs Klanghaus stammt aus der Wertschätzung der lebendig gelebten Tradition», erklärt er. Dabei sei mit Tradition nicht unbedingt nur der Jodel gemeint, auch wenn diese Naturklang-Musik im Toggenburg eine zentrale Rolle spiele. Das Klanghaus möchte jeglicher Form von Musik offen stehen. Jazz, Pop, Klassik, Rock, World-Music – aber auch Stille, wie Zehnder ergänzt.

Sowohl Raphael Gygax als auch Christian Zehnder haben, wie Mathias Müller, zwar ein gutes Gefühl vor der Abstimmung. Aber es sei Vorsicht geboten – man müsse bis zum letzten Moment die Menschen informieren, überzeugen und vor allem mobilisieren, sind sich alle drei bewusst. Eine Woche vor dem Abstimmungssonntag sieht es jedoch tatsächlich nicht so schlecht aus – denn anders als noch an jenem 1. März 2016 stehen dieses Mal auch Teile der SVP für das Klanghaus ein: «Mich überzeugt das überarbeitete Projekt fürs Klanghaus Toggenburg», sagt etwa Michael Götte, Fraktionspräsident der SVP St. Gallen, auf Facebook

So soll das Klanghaus von innen mal aussehen. Visualisierung: nightnurse images gmbh

 

 

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