von Kurt Schmid, 14.11.2019
Sie hatte ihre eigene Noblesse
Kathrin Zellweger hat wichtige Beiträge zur Thurgauer Kulturszene geliefert. Sie war auch Autorin für thurgaukultur.ch. Ende September ist sie nach zweijähriger Krankheit verstorben. Ein Nachruf von Kurt Schmid.
Wenn es nicht um sie gehen würde und wenn nicht der traurige Anlass ihres Todes für einen Nachruf sie selber beträfe - welch absurder Gedanke - dann wäre wohl sie diejenige gewesen, die ihn am besten geschrieben hätte. Von Kathrin Zellweger gibt es zu wichtigen, teils schwierigen, ja gelegentlich gar unbewältigbaren Themen, wie etwa Künstlerporträts für die Zeitschrift Facetten der Kulturstiftung oder Statements zur hiesigen Kulturszene, wertvolle Beiträge. Auch für thurgaukultur.ch schrieb sie rege.
Dass sie den Hiatus solch anspruchsvoller Aufgaben bewältigte, lag nicht daran, die Probleme zu übersehen oder gar wegzulassen, dergleichen lag ihr nicht, sondern an ihrer Herangehensweise. Diese mag tief in ihrer Persönlichkeit gegründet gewesen sein. In ihrer frischen, warmherzigrespektvollen und unverfälscht wissensbegierigen Art erfragte und erschrieb sie sich ihr Thema stets von neuem. Sie war jeweils wohl als erste darauf gespannt, was daraus hervorgehen würde.
Ihre Texte sind in kaleidoskopartiges Porträt der hiesigen Kulturszene
Ihr schelmisches Aufblitzen in den Augen überwand souverän die noch so raffinierte Selbstinszenierung ihrer Interview- und Gesprächspartnerinnen und -partner. „Aso chum jetzt..“, sagen wir in unserem Dialekt, wenn wir hinter einer vorgeschobenen Aussage eine dahinterliegende vermuten. „Das chasch nöd bringe.“ Die erste dieser Redewendungen benutzte sie öfter, die zweite nie.
Es wird hoffentlich bald einmal eine Zusammenstellung ihrer Beiträge zur hiesigen Kulturszene geben, wo das Gesagte so richtig deutlich wird. Und gleichauf, wie darin ihre Person mit all ihren Facetten aufscheinen wird, wird eine solche Sammlung ein kaleidoskopartiges Porträt der hiesigen Kulturakteurinnen, -Orte, Spielstätten, Organisationen, In- und Aussenseitern ergeben.
Sie wagte auch schwierige Aufträge
Manches kannte und liebte sie sowieso. Andres erschloss sich über ihre Fördertätigkeit etwa bei der kantonalen Kulturkommission, als Stiftungsrätin der Kulturstiftung oder Promoterin der Gegenwartsliteratur. Darauf abgestützt konnte sie sich in das Wagnis eines noch so schwierigen Auftrags wagen, beispielsweise einen Text zu einer thurgauischen Künstlerpersönlichkeit zu verfassen, die sich im Grunde genommen un- oder gar missverstanden fühlte. Und solche gibt es in unserer dem Persönlichkeitskult und Startum abgeneigten Gegend schon die eine oder andere.
Was in Kathrin Zellwegers Person wie in ihren Texten aufscheint, ist Wertschätzung. Diese Wertschätzung trifft stets den Kern und erlaubt keine Negativkritik oder Lobeshymne - übrigens auch kein Lob des Mittelmasses. Kathrin Zellweger besass eine, ihre Art, Noblesse, die wirkte, wo immer sie auch auftauchte, wen immer sie traf, was immer sie tat und beschrieb. Das wird uns unendlich fehlen.
Erinnerungen an Kathrin Zellweger: Es sind auch ihre Texte, die von Kathrin Zellweger bleiben werden. Deshalb haben wir entschieden, alle ihre bei thurgaukultur.ch erschienen Beiträge sichtbar zu halten. Sie finden sie gebündelt hier.
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