von Inka Grabowsky, 11.05.2023
Die Herkules-Aufgabe
In Gottlieben bemüht sich seit drei Jahren die «Stiftung Drachenburg und Waaghaus» um den Weiterbetrieb der Gastronomie. 2 Millionen aus dem Verkauf der TKB Partizipationsscheine sollen dabei helfen. (Lesezeit: ca. 2 Minuten)
Die aussergewöhnliche Geschichte von Drachenburg und Waaghaus als Kulturprojekt beginnt vergleichsweise konventionell: Die Besitzerin von Hotel und Restaurant, Anita Bischler-Hummel, wollte sich nach über vierzig Jahren als Gastgeberin zur Ruhe setzen und ihre Liegenschaft verkaufen.
Vier Generationen der Familie Hummel hatten seit 1892 am Seerhein gewirtet, nun fehlte ein Nachfolger, der den Investitionsstau hätte auflösen können.
Es stand schon eine Umnutzung in Eigentumswohnungen zur Diskussion. Da fand sich eine Gruppe von regionalen Honoratioren zusammen, die sich zum Ziel setzten, Drachenburg und Waaghaus als Hotel, Restaurant und Kulturveranstalter für die Öffentlichkeit zu erhalten. Sie gründeten 2020 eine Stiftung, die die «Hotel Drachenburg & Waaghaus AG» mit Hilfe von Spendengeldern kaufte.
Zwischennutzung und Ausverkauf
Schnell war klar, dass die Sanierung nicht unmittelbar beginnen konnte. Deshalb wurde das Waaghaus 2021 für sechs Monate Nachwuchs-Hoteliers zur Zwischennutzung übergeben. Sie brachten noch einmal Leben in das alte Gemäuer, auch wenn sie dabei mit Hindernissen zu kämpfen hatten. Die Infrastruktur war wirklich am Ende: Nacheinander fielen der Computerserver, die Lüftung, der Kühlschrank, die Kaffeemaschine oder die Fritteuse aus.
Im Frühjahr 2022 begann das grosse Aufräumen. Hunderte standen Schlange, um sich beim Liquidationsverkauf ein Souvenir zu verschaffen: Geschirr, Besteck, Bett- und Tischwäsche, aber auch Möbel und der Flügel. Nur einige besondere Ausstattungsstücke wurden zurückbehalten, um später wieder vom Geist des Hauses zu erzählen.
Baugenehmigung liegt vor
Eigentlich war die Stiftung 2023 einen grossen Schritt vorangekommen. Die Umbaupläne, die die renommierte Architektin Tilla Theus konzipiert hatte, waren von der Gemeinde genehmigt worden. Doch die AG als Bauherrin hielt noch einmal inne, um Optimierungsmöglichkeiten zu prüfen. Die Änderungen betreffen den Rheineck-Saal, der Ende der sechziger Jahre angebaut wurde.
Von Aussen sieht man die Wände aus verputztem Beton, im Innern fühlt man sich fünfzig Jahre zurückversetzt. «Dieser Anbau ist eigentlich nicht denkmalschutz-würdig», sagt der Stiftungsratspräsident Thomas Schneider, der gerade Niklaus Knüsel in seinem Amt abgelöst hat.
«Die Denkmalpflege hat uns deshalb die Option eröffnet, den Saal aus dem Schutzstatus zu entlassen. Sie hat stattdessen einen Volumenschutz vorgeschlagen. Man dürfte also im Innern des Gebäudes alles verändern, wenn die Gebäudeausmasse so bleiben, wie sie sind.»
Änderung der genehmigten Pläne
Zwei Dinge sollen sich nun im Vergleich zum bereits genehmigten Baugesuch ändern. Das bisherige «Krüppel-Walmdach» soll zum richtigen Walmdach umgestaltet werden. Das ist an sich recht harmlos. Da aber die gesamte Aussenhülle des Gebäude-Ensembles im «Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz» eingetragen ist, muss die Gemeinde einen Antrag stellen, diesen Gebäudeteil aus dem Register zu streichen.
Ebenfalls nur auf Antrag der Gemeinde lässt sich ein Untergeschoss für die Haustechnik und für Personalräume einziehen, denn dieser Keller wird direkt am Seerhein geplant. «Mit dieser Änderung wird der Gewässerschutz betroffen, und auch darüber muss in Bern entschieden werden», sagt Thomas Schneider.
«Man muss der Bauherrschaft zugutehalten, dass sie früh alle Stellen informiert hat. Das zahlt sich langfristig aus.»
Paul Keller
«Wir gehen davon aus, dass beide Entscheidungen erst im Laufe des Jahres getroffen werden.» Erst dann kann die Gemeinde den revidierten Bauantrag genehmigen. Gemeindepräsident Paul Keller bleibt zuversichtlich: «Man muss der Bauherrschaft zugutehalten, dass sie früh alle Stellen informiert hat. Das zahlt sich langfristig aus. Wenn sich eine Chance bietet, den Betrieb für vielleicht fünfzig Jahre erheblich zu vereinfachen, dann ist es das wert, ein paar Monate zusätzlich zu warten. Es ist etwas kompliziert, aber auf gutem Wege.»
Die Suche nach dem Geld
Während die Stiftung auf die Entscheidungen wartet, ist sie nicht zur Untätigkeit verurteilt. «Wir erstellen eine Dokumentation, mit der wir an Stifter und Sponsoren herantreten, denn bisher war noch nicht endgültig klar, was wir bauen und was das Ganze kostet», so Schneider. Gleich nach der Gründung waren der Stiftung Gelder von privaten Spendern zugesagt worden.
«Doch dann kamen die Corona-Pause, der Ukraine-Krieg und wirtschaftliche Turbulenzen. Dadurch haben sich die Interessen unserer Gönner verschoben.» Verschoben – und zwar nach oben – hat sich auch der Finanzbedarf. Ursprünglich war von 21 Millionen für Kauf und Sanierung ausgegangen worden.
«Inzwischen wissen wir, dass allein durch behördliche Auflagen wie Hochwasserschutz, Denkmalschutz, den Regeln zum hindernisfreien Bauen oder den feuerpolizeilichen Massnahmen die Enderstellungskosten um 9 Millionen höher liegen.» Die Stiftung hat sich selbst zum Ziel gesetzt, zunächst 15 Millionen Franken auf dem Konto zu haben, bevor sie wirklich die Bagger auffahren lässt. Die zwei Millionen aus dem TKB-Erlös wäre ein höchst willkommener Zustupf, aber noch nicht das letzte Puzzlestein im Finanzierungsplan.
Von Inka Grabowsky
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