12.07.2014
Thurgauer Stück für Nationalpark
Bis 16. August zeigen Mitglieder der Frauenfelder Theaterwerkstatt Gleis 5 im unterengadinischen Zernez von heute und 1914 das Stück „Laina Viva“. Es ist eine Auftragsarbeit zur Gründung des Schweizerischen Nationalparks (SNP) vor 100 Jahren. Geschrieben hat hat sie Simon Engeli, Regie führt Giuseppe Spina. Mit von der Partie ist auch Astrid Keller vom See-Brugtheater, die zum erstenmal nicht auf der Bühne in Kreuzlingen steht (siehe Kasten). Premiere war am Freitag.
Das Stück „Laina Viva“ handelt von der Entfremdung des Menschen gegenüber der Natur, aber auch davon, wie sie sich auf das Wesentliche rückbesinnen und grosse Visionen umsetzen können. Laina viva heisst lebendiges Holz. Eingebettet ist die Geschichte in die konfliktreiche Gründungsphase des Nationalparks vor 100 Jahren, als im Unterengadin neue Freundschaften entstanden und alte zerbrachen.
Trotzdem finden auch Action, Humor und Romantik ihren Platz: Zwei Städter, die sich im Nationalpark niederlassen wollen - ein renitenter Steinbock (Rahel Wohlgensinger), der sich nicht ins Risotto schnetzeln lassen will, Pilze, die man nicht in ein Risotto schnetzeln sollte und schon ist alles angerichtet für die spannende Zeitreise von Felix und Philip, die sich plötzlich in Zernez anno 1914 wiederfinden.
Bewegung, Tempo, Scharfsinn
Die Produktion stammt von der Theaterwerkstatt Gleis 5: Simon Engeli hat das Stück geschrieben, Giuseppe Spina führt Regie. Die Inszenierungen der beiden Absolventen der Scuola Dimitri zeichnen sich aus durch Bewegung, Tempo und Scharfsinn. Im professionellen Schauspiel-Ensemble nimmt der Bündner Schauspieler und Kabarettist Flurin Caviezel eine zentrale Rolle ein. Andrea Herdeg ist für die Choreografie verantwortlich. Alle drei sind Absolventen der Scuola Teatro Dimitri. Der Bündner Kabarettist Flurin Caviezel übernimmt die Hauptrolle des schrulligen Gründervaters Steivan Brunies.
Auch Astrid Keller vom See-Burgtheater und Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger sowie der ebenfalls mit Gleis 5 verbundene Noce Noseda sind mit von der Partie. Die eine spielt unter andere Mutter Natur, die andere den Steinbock, der dritte den Wilderer. Daneben werden aber auch 30 Laiendarstellerinnen und -darsteller aus der Region einbezogen. Die Fränzlis da Tschlin haben innovative Engadiner Volksmusik vom Feinsten speziell für „Laina Viva“ komponiert und arrangiert. Curdin Janett amtet als musikalischer Leiter der Produktion.
Mit Kind und Kegel
Die wichtigsten Rollen im Stück lehnen sich historischen und zeitgenössischen Figuren des Nationalpark-Umfelds an: So sind unter anderen der Mitbegründer Steivan Brunies, der allererste Parkwächter Hermann Langen, zwei aus einer Grossstadt flüchtende Wandervögel sowie eine Gruppe von Wilderern in der «dramatis personae» vertreten.
Schon seit letztem Oktober sind die einheimischen Laiendarsteller am Proben. Sie mimen nicht nur die Dorfbevölkerung vor 100 Jahren, sondern auch Fabelwesen aus dem Nationalpark, Jäger und Wilderer, National- und Gemeinderäte oder Gämsen. Regisseur Giuseppe Spina berichtet, dass Profis und Laien zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammengewachsen sind. Simon Engeli sei gar mit Kind und Kegel inklusive Zwerghühnern angereist. Sogar die Einschulung der ältesten Tochter in den romanischen Kindergarten sei gewagt worden. Und Engelis Ehefrau Rahel Wohlgensinger im lebensgrossen Steinbock-Kostüm habe inzwischen gelernt, wie der wahre Schottisch auf Romanisch getanzt werde. (pd/red)
See-Burgtheater erstmals ohne Astrid KellerFrau Keller, was ist das für ein Gefühl, beim See-Burgtheater zum ersten Mal nicht dabei zu sein?
Am Donnerstag war Premiere von „Carmen“ im Kreuzlinger Seeburgpark. Am Freitag die Premiere in Zernez. Für welche Produktion war Ihr Premierenfieber höher?
Die eigene Premiere in „Laina Viva“ - wie lief es?
Sie selber spielen unter anderem die Mutter Natur. Ist es eine liebliche oder eher garstige, kulturfeindliche Rolle? Gefällt sie Ihnen?
Die Thurgauer Truppe scheint sich im Unterengadin wohlzufühlen, wie berichtet wird. Ist das so?
*** Bild: Astrid Keller in der Rolle der Mutter Natur, fotografiert von Hans Lozza |
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Gespielt wird das Freilichtspektakel in insgesamt 16 Vorstellungen seit 11. Juli bis zum 16. August jeweils von Donnerstag bis Samstag, 20.30 Uhr, auf einer Naturbühne vor der 400 Plätze fassenden, überdachten Zuschauerarena in Zernez. Daten und Reservation auf www.lainaviva.ch (siehe Seiten-Angabe unten).
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"Ein übermütiges Stück Totholz", lobt die NZZ
"Der Berg lebt", Bericht in Tagblatt/TZ
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