09.02.2021
22 echt ehrliche Antworten
#meinerstesmal: Der Kabarettist und Kolumnist Jan Rutishauser im Interview über sein erstes Mal. Lesezeit: 4 Minuten bis 99 Jahre. Je nachdem, ob man es tatsächlich fertig liest oder als Tab im Browser für alle Ewigkeiten offen hält.
Zuerst einmal von ganzem Herzen Dankeschön Jan, dass du dir die Zeit nimmst ein paar meiner Fragen zu beantworten. Ich weiss, du bist als Kabarettist, gerade während Corona und Lockdown, sehr beschäftigt.
Ja, das stimmt. Ich bin heute sogar aufgestanden. Das kommt nicht alle Tage vor.
Umso schöner, dass du gerade uns deine wertvollen Minuten schenkst.
Aber das ist doch selbstverständlich. Ihr wisst doch: Thurgaukultur ruft und ich antworte. Und niemand sonst wollte was zahlen.
Du bist informiert, es geht um dein erstes Mal als Kabarettist. Wie war das?
Nun so leid es mir tut, aber meine Antwort ist nicht besonders spannend. Ob als Kabarettist oder als Nicht-Kabarettist: Der Sex fühlt sich gleich an.
Hahahahah! Oooh ein Sexwitz gleicn zu Beginn! Sehr gut, sehr gut. Wir wollten das Niveau von Thurgaukultur sowieso senken, um ein breiteres Publikum zu erreichen.
Wirklich? Ich dachte Kiffer bevorzugen das Medium Papier?
Nein, nein. Auch die beziehen ihren Stoff immer mehr aus dem Netz.
Ach so. Aber gute Zielgruppe. Wer kifft, hat auch Zeit um Thurgaukultur zu lesen. J'approuve!
Danke.
Gerne.
«Mit einem Wort? Nervös.»
Jan Rutishauser, auf die Frage, wie er sich beim ersten Mal gefühlt hat
Nun, wie war denn dein erster Auftritt als Kabarettist für dich? Wie hast du dich davor gefühlt?
Mit einem Wort? Nervös. Ich meine, wie würdest du dich fühlen, wenn du weisst, dass du in den nächsten Minuten zum Star/Gott/Sexsymbol wirst?
Macht Sinn. Aus dieser Perspektive habe ich ein Debut noch nicht betrachtet.
Wie? Es gibt noch andere Perspektiven?
Ja, manche haben Angst zu scheitern.
Ich nicht. Ich habe dieses Wort aus meinem Vokabular gestrichen. Was es ziemlich schwierig gemacht hat, seine Synonyme zu finden und diese ebenfalls zu streichen.
Also du hattest gar keine Angst, dass die Leute nicht lachen werden?
Lass es mich so sagen: Ein Scherz, der nicht ankommt, fühlt sich genau so an wie «Ich liebe Dich!» sagen und keine Antwort zu bekommen.
Ähm, das verstehe ich nicht ganz...?
Nun, mein Leben bis dahin hat mich optimal auf eine Kabarett-Karriere vorbereitet.
«Ein Scherz, der nicht ankommt, fühlt sich genau so an wie "Ich liebe Dich!" sagen und keine Antwort zu bekommen.»
Jan Rutishauser, Kabarettist
Hohoho! Noch ein Gag! Du wirst deinem Ruf als Meister der spitzen Feder hier mehr als gerecht. Aber gibs zu: So schlimm war dein Leben nicht wirklich...?
Nein, natürlich nicht. Aber das ist für mich die Faszination an Kabarett und Comedy: Man darf übertreiben, untertreiben, dazu erfinden, Fakten verdrehen und Tragödien verarbeiten und wird dafür sogar noch belohnt. Also im Idealfall. Wenn es auf der Bühne nicht gut läuft, hat man dann einfach noch mehr zu verarbeiten.
Aber wie lief denn jetzt dein erster Auftritt?
Gut. Über die Hälfte des Publikums wollte danach mein Autogramm haben. Und denn anderen drei hat es auch gefallen.
Phä-no-me-nal!
Danke. Und ausgezeichnetes Silbentrennen deinerseits!
Danke.
Gerne.
«Ich gehe auf die Bühne aus der Güte meines Herzens.»
Jan Rutishauser, Kabarettist
Der Drang des "Auf die Bühne wollens" ist ja nicht jedem gegeben. Was treibt dich dazu an?
In erster Linie Altruismus. Wie die Mona Lisa auch nicht in einem Tresor der Öffentlichkeit verwehrt wird, so soll auch ich dem Gemeinvolk nicht vorenthalten werden. Kurz gesagt: Ich gehe auf die Bühne aus der Güte meines Herzens.
Klar, klar, klar. Den Altruismus merkt man deinen Auftritt auch an. Ich kenne keinen anderen Kabarettisten, der die Zuschauer für ihre Anwesenheit bezahlt. Aber du sagtest in erster Linie Altruismus? Was trieb dich denn beim ersten Mal an?
Nun, man sagte mir immer, als Künstler nagst du am Hungertuch.
Und du wolltest allen anderen das Gegenteil beweisen?
Nein, ich wollte abnehmen.
Und heute?
Will ich mein Gewicht halten.
Aber du bist doch so erfolgreich? Wie willst du da dein Gewicht halten?
Ja, halt mein Gewicht in Gold.
Hahahahaha! Schon wieder erwischt. Dich auf etwas festzunageln ist praktisch unmöglich, nicht wahr?
Ich heisse ja auch nicht Jesus.
Oh la la! Ein Religionswitz. Ist das nicht ein bisschen riskant? Hast du nicht Angst die Leserschaft hier zu verlieren?
Ach, überhaupt nicht. Es hiess 4000 Zeichen und die haben wir hiermit erreicht.
Das Gespräch führte Jan Rutishauser. Alleine. Naja, nicht ganz. Die Menschen in der Migros waren doch ein wenig irritiert.
Ein Porträt über Jan Rutishauser findet ihr auch bei uns im Magazin. Und im Internet findet ihr ihn auch auf seiner eigenen Website: https://janrutishauser.ch/
Die Serie #meinerstesmal
Dinge zum ersten Mal zu tun, ist immer etwas Besonderes. Der erste Schultag, der erste Kuss, die erste eigene Wohnung - fast jeder kann sich an diese ersten Male erinnern. Bei Kulturschaffenden ist so ein besonderer Moment - das Debüt. Oder das erste Mal vor Publikum stehen. Genau dieses Gefühl wollen wir mit der neuen Serie einfangen.
Was treibt diese Menschen an? Wie fängt man so was an? Und wie fühlt sich das an, wenn man mit einem künstlerischen Debüt, ganz gleicher welcher Sparte, vor ein Publikum tritt? Wenn man gewissermassen über sein eigenes Leben hinaus und in das Leben der anderen hinein tritt? Man plötzlich öffentlich wahrnehmbar wird, sich zeigt und, nun ja, heraus ragt?
Jeder kann mitmachen: Möchtest Du uns auch Deine Geschichte von Deinem ersten Mal erzählen? Dann mach das doch! Das Format ist aber offen für jeden Künstler: Wer seine Geschichte mit uns teilen möchte, schreibt einfach eine Mail mit seinem Text (auch Video- und Audiodateien sind möglich) an unsere Mailadresse: michael.luenstroth@thurgaukultur.ch
Alle Texte auf einen Blick: Wir sammeln alle Beiträge der Serie in einem Themendossier. Das findet ihr hier.
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