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06.09.2017

Zum 10. Mal Literatur am Untersee

Zum 10. Mal Literatur am Untersee
Jens Koemeda: Psychiater, Autor und Initiant des Literaturwochenendes. | © Inka Grabowsky

Eine private Initiative organisiert seit 2007 Lesungen in historischen Häusern in Ermatingen, Steckborn, Berlingen und Tägerwilen.

Die Ermatinger Psychotherapeutin Margit Koemeda und ihr Mann, der Psychiater Jens Koemeda, teilen eine ausserberufliche Leidenschaft: Beide schreiben – und zwar nicht nur Fachartikel, sondern Belletristik. Literatur ist in ihrem Leben allgegenwärtig, und so beschlossen sie vor zehn Jahren, Lesungen zu organisieren und auch jüngeren und weniger arrivierten Autoren eine Plattform zu bieten. Koemedas suchten sich Gleichgesinnte im Freundeskreis, die genau wie sie in historischen Häusern wohnen und bereit waren, ihre privaten Räume für eine kulturelle Veranstaltung zur Verfügung zu stellen. Jeweils an einem Wochenende im Herbst – dieses Jahr am 16. und 17. September - laden sie nun reihum Interessierte in ihre Wohnzimmer ein, erklären die geschichtlichen Besonderheiten des Gebäudes und bewirten die Gäste mit einem kleinen Apéro. Im Mittelpunkt jedoch stehen jeweils eine Lesung und eine ausführliche Diskussion über den Text.

Keine Konkurrenz zu „Literatur in den Häusern“

„Als wir unsere Lesungen das erste Mal planten, habe ich mich mit Frank Lettenewitsch vom Konstanzer Theater zusammengesetzt, der seit 2002 immer im Frühjahr die Reihe ‚Literatur in den Häusern’ organisierte“, erinnert sich Jens Koemeda. „Wir haben uns geeinigt, dass wir den Herbst nutzen, damit es zu keiner Überschneidung kommt.“ Ausserdem beschränkten sich Koemedas bewusst auf historische Schauplätze, so dass die Besucher nicht nur in den Genuss von Literatur, sondern jeweils auch von Lokalgeschichte kommen. Die Gemeinden am Untersee stünden dementsprechend voll hinter dem Projekt, so der Organisator. Ausserdem könne er sich nicht über mangelndes Interesse des Publikums beklagen. „Ein einziges Mal in den zehn Jahren waren wir ein bisschen enttäuscht, weil ein gefeierter Autor nur acht Zuhörer gefunden hatte. Normalerweise rechnen wir mit 20 bis 30 Teilnehmern.“ Auf die familiäre Atmosphäre müssen sich sowohl der Vorleser als auch die Zuhörer einlassen. „Es freut uns immer wieder, wie gut sich die meisten Schriftsteller in die Diskussion mit dem Publikum einbringen“, so Koemeda. „Das Interesse der Leser scheint sie regelrecht aufleben zu lassen.“ 

Sponsoren hoch willkommen

Das Budget für die mittlerweile sehr renommierte Veranstaltung hält sich durch das private Engagement in Grenzen. Dennoch müssen die Autoren eine Gage bekommen, die Gastgeber für Wein und Knabbereien entschädigt und das Porto für den Programmversand bezahlt werden. Immerhin fallen bei auswärtigen Autoren keine grösseren Übernachtungskosten an: „Oft schläft ein Künstler bei uns im Gästezimmer – wie schon Albert Einstein etwa 100 Jahre vor ihm“, sagt Jens Koemeda. Die Einnahmen durch den Kartenverkauf von 15 bis 20 Franken würden nur einen geringen Teil der Kosten decken. Für den Rest kommen Sponsoren auf, die die alte Tradition des „Literarischen Salons“ unterstützen wollen.

Einladung nach Prüfung

Im Jubiläumsjahr beginnt das Programm am Samstagnachmittag in Koemedas Villa „Breitenstein“ in Ermatingen nicht nur mit einer Rede von Regierungsrätin Monika Knill, sondern vor allem mit der Vorstellung eines neuen Buchs: Dieter Bachmann liest aus „Inventur – Abschied von den Dingen“. Das Ehepaar Komeda und der Schauspieler Volker Ranisch suchen jeweils gemeinsam die Schriftsteller oder Texte aus, die vorgestellt und diskutiert werden.

Volker Ranisch, Schauspieler und im Leitungsteam des Literaturwochenendes, in Aktion (Bild: Margit Koemeda)

 

„Das Werk muss uns gefallen“, so der Gründer. „Wir gehen immer wieder an die Literaturtage nach Solothurn, um uns Autoren anzuhören.“ Dort hat das Paar auch den diesjährigen Eröffnungsgast kennengelernt. Ein zweiter Programmpunkt ergibt sich dieses Jahr aus der Geschichte: Am Sonntag, 17.9. um 17 Uhr liest Heiko Strech im Steckborner Haus zur Glocke anlässlich des hundertsten Geburtstags von Heinrich Böll aus dessen Büchern.

 

 

Programm des 10. Literaturwochenendes am Untersee:


Samstag, 16.9.2017

16.30 Uhr, Villa Breitenstein, Ermatingen

Begrüssung durch Regierungsrätin Monika Knill und den Ermatinger Gemeindepräsidenten Martin Stuber

Dieter Bachmann liest aus „Inventur – Abschied von den Dingen“

20.00 Uhr, Altes Debrunner Haus, Ermatingen
Bettina Spoerri liest aus ihrem Roman „Herzvirus“



Sonntag, 17.9.2017

 

11.00 Uhr, Haus zum Gries, Berlingen
„Vreneli’s Gärtli“ von Oskar Panizza – vorgestellt von Volker Ranisch

17.00 Uhr, Haus zur Glocke, Steckborn
Heiko Strech liest Heinrich Böll

 

20.00 Uhr, Rosenau, Tägerwilen
Hermann Kinder liest „Porträt eines jungen Mannes aus alter Zeit“

 

Das komplette Programm als PDF zum Download:
Programm Literatur am Untersee.pdf

 

 

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