Seite vorlesen

von , 10.12.2021

Flieg, wenn du kannst!

Flieg, wenn du kannst!
Die Darling-Kinder bekommen in ihrem Zimmer Besuch von P. Pan. | © Andreas Müller

«P. Pan» heisst die von Regisseur Florian Rexer neu aufgelegte Fassung des Klassikers Peter Pan, die am 16. Dezember in Amriswil Premiere feiert. Mit seinem Stück möchte er ermutigen und inspirieren, denn hinter dem Horizont geht es weiter. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)

Peter Pan, warum eigentlich? Bei dieser Frage lacht Regisseur Florian Rexer, hört er diese doch nicht zum ersten Mal. Bereits als er Kund tat, dass er sich dieses Stücks annehmen möchte, stellte seine Dramaturgin Thea Reifler sie. Seine spontane Antwort damals „Pan ist doch so schön“: Der Junge, der nie erwachsen wird, und in Nimmerland der Anführer der „verlorenen Kinder“ ist. Peter Pan, der unzählige Abenteuer erlebt und in dem Piraten Käpt‘n Hook seinen Widersacher gefunden hat. Die Geschichte, in der Träume wahr werden und Kinder fliegen lernen.

Als Rexer sich intensiv mit diesem Anfang des 20. Jahrhunderts von dem schottischen Schriftsteller Sir James Matthew Barrie geschriebenen Stück auseinandersetzte, war es dann aber doch nicht mehr so einfach. „Ich habe mich schwer getan mit der Fassung“, gibt er unumwunden zu. Peter Pan und die verlorenen Kinder erinnerten ihn an Streetgangs der heutigen Zeit.

Regisseur Florian Rexer bei der Besprechung nach den Proben. Bild: Andreas Müller

Muss die Hauptfigur überhaupt ein Junge sein?

Diese Darstellung wollte er jedoch nicht verwenden, da dieses Thema abgedroschen sei, waren solche Stücke doch schon oft genug auf Theaterbühnen zu sehen. Und Peter Pan… Muss er eigentlich ein Junge sein? Nein, entschied Rexer für sein Stück. Er kenne auch ziemlich viele toughe Mädels. Pan könne also auch ein androgynes Wesen sein.

Und so kommt es, dass das Werk des Regisseurs P. Pan heisst. Schauspielerin Melanie Schütz hat die Hauptrolle inne.

P. Pan (Melanie Schütz) übt mit den verlorenen Kindern auf Nimmerland einen Tanz ein. Bild: Andreas Müller

P. Pan rückt Parallelen zur heutigen Gesellschaft in den Fokus

Florian Rexer betont: „Unser P. Pan ist kein Kindertheäterli. Wir machen Theater für Junggebliebene und Älterwerdende, für Erwachsene, Jugendliche und Kinder.“ In seiner Fassung hat er die Parallelen zur heutigen Gesellschaft in den Fokus gerückt. „Wir sind mitten im Pan.“

Gesellschaftliche Normen und Zwänge sind es, die er sowohl in Barries Werk als auch heute sieht. Die scheinbare Freiheit von Nimmerland sei doch auch ein Leben in Normen, die sich die verlorenen Kinder selbst auferlegt hätten. „Es ist dieses Korsett, dass wir in Frage stellen sollten“, meint Rexer.

„Du kannst fliegen, aber nur, wenn Du daran glaubst. Diesen wunderbaren Gedanken können wir nur in uns selbst erzeugen.“

Florian Rexer, Regisseur

Das Stück stehe für die eigenen Träume, an die man glauben müsse, damit sie real werden. „Du kannst fliegen, aber nur, wenn Du daran glaubst. Diesen wunderbaren Gedanken können wir nur in uns selbst erzeugen.“

In P. Pan erhält P. ausserdem einen Schatten, der lebt, der der Hauptfigur permanent folgt, der imitiert, der auch kämpft. „Das ist der Schlüssel, das Geheimnis.“ Diese Schattenseiten zeigten sich auch im realen Leben, beispielsweise im zunehmenden Egoismus der Gesellschaft. Aber „der dunkle Schatten kann überwunden werden“.

P. Pan erhält in Rexers Fassung einen Schatten (Amelie Löwenthal), der P. auf Schritt und Tritt folgt. Bild: Andreas Müller

 

Bei den Kostümproben erhält man einen ersten Eindruck, wie die Schauspieler nachher auf der Bühne aussehen. Hier zu sehen ist P. Pan mit Schatten. Bild: Andreas Müller

Kampfszenen stammen von renommiertem Fechtchoreografen

Wie bereits bei seinem letzten Stück „Oli Twist“ setzt der Regisseur bei P. Pan nicht nur auf vier Profischauspieler:innen, sondern die Kinderrollen werden von mehr als 20 Kindern und Jugendlichen aus dem gesamten Kanton gespielt. Und trotzdem: „Wir arbeiten wie in einem professionellen Haus“, sagt Rexer.

Das erfordert auch den jungen Akteuren, die zwischen zwölf und 18 Jahre sind und noch zur Schule gehen, einiges ab. Das weiss der Regisseur: „Es ist eine Herausforderung für sie.“ Die mehrstündigen Proben sowie Text lernen gehört ebenso dazu wie jede Menge Motivation. Letzteres war bereits beim Casting der insgesamt 50 Interessierten mit ausschlaggebend. „Sie müssen alles geben“, sagt der Regisseur.

Für die jungen Schauspieler:innen ist es eine Herausforderung

Dafür stehen ihnen auf und neben der Bühne mit dem gesamten Ensemble Profis zur Seite, die sie unterstützen. Schauspielerin Sophia Sommer beispielsweise kümmert sich ausschliesslich um das Coaching und die Betreuung der Kinder. Und mit Jean-Loup Fourure, einem international renommiertem Fechtchoreografen, studierten sie mit eigens für das Stück gefertigten Degen und Säbeln eine Kampfchoreografie ein.

„Dabei ist höchste Disziplin gefragt“, sagt Rexer. „Kämpfen ist gefährlich.“ Neben all dieser Ausbildung ist dem Regisseur eine Sache noch besonders wichtig: Kommunikation. Das gesamte Team habe dafür ein gutes Gespür.

Falk Döhler (Käpt‘n Hook) und Melanie Schütz (P. Pan) proben das Fechten vor dem Gerüst, das zur Premiere hin noch leicht eingekleidet wird. Bild: Andreas Müller

Drei verschiedenen Räume in einem Bühnenbild

Eine Rolle bekommen hat in P. Pan übrigens auch wieder Programmleiter und Amriswiler Kulturbeauftragte Andreas Müller. „Eine kleine Piratenrolle“, sagt er. Bereits bei Oli Twist stand er auf der Bühne. „Offensichtlich mache ich es nicht so schlecht, wenn Florian mich wieder mitspielen lässt“, sagt er lachend und erzählt, dass das Bühnenbild eine Idee des Fechtchoreografen war.

Als „schlicht und einfach“ beschreibt er es. Es besteht aus einem drei Meter hohen, zweiteiligen Gerüst, das teilweise eingekleidet werde. Der Clou dabei ist: Es stellt drei verschiedene Räumlichkeiten dar. Einmal das Haus von Familie Darling, das Schlafzimmer und den Bug eines Schiffs. Bespielbar ist es auf zwei Ebenen. Und zudem noch mobil, denn die Proben finden in Weinfelden statt, die Premiere am 16. Dezember in Amriswil. Danach geht es nach Frauenfeld, Bottighofen und als letzte Station nochmals nach Weinfelden.

Mit Säbel und Hakenhand sowie Piratenkleidung verwandelt sich Schauspieler Falk Döhler zu Pans Widersacher Käpt‘n Hook. Bild: Andreas Müller

 

 

Termine und Tickets:

15. bis 30. Dezember: Kulturforum Amriswil
14. bis 16. Januar: Eisenwerk Frauenfeld
11. bis 13. Februar: Gemeindezentrum Bottighofen
17. bis 19. Februar: Traubensaal Weinfelden

 

Tickets unter www.p-pan.ch

Kommentare werden geladen...

Von

Weitere Beiträge von

Kommt vor in diesen Ressorts

  • Bühne

Kommt vor in diesen Interessen

  • Vorschau
  • Schauspiel

Werbung

Fünf Dinge, die den Kulturjournalismus besser machen!

Unser Plädoyer für einen neuen Kulturjournalismus.

Unsere neue Serie: «Wie wir arbeiten»

Unsere Autor:innen erklären nach welchen Grundsätzen und Kriterien sie arbeiten!

15 Jahre Kulturkompass

Jubiläumsstimmen und Informationen rund um unseren Geburtstag.

#Kultursplitter im Dezember/Januar

Kuratierte Agenda-Tipps aus dem Kulturpool Schweiz.

Wir suchen Verstärkung!

Wir suchen eine/n SocialMedia-Redaktor:in in einem Pensum von cirka 20 Prozent. Weitere Informationen hier...

"Movie Day": jetzt für 2025 bewerben!

Filme für das 12. Jugendfilm Festival können ab sofort angemeldet werden. Einsendeschluss der Kurzfilme für beide Kategorien ist der 31.01.2025

21. Adolf-Dietrich-Preis 2025

Bewerbungsschluss: 28. Februar 2025

Ähnliche Beiträge

Bühne

Fettnapf Theaterkritik

Geschmacksrichter, Schönrednerei, auf den Punkt gebracht: Auch im Thurgau – wie überall – ist die Theaterkritik eine heikle Disziplin. Unser Autor beschreibt Lust und Tücken der Sparte. mehr

Bühne

Herr Fässler besiegt die Angst

Therapeutin trifft auf Zyniker: In der Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld ist mit „Herr Fässler und die Stürme der Liebe“ zu erleben, wie sich eine Puppe von ihrer Puppenspielerin emanzipiert. mehr

Bühne

Problemfamilie mit Wiedererkennungswert

Die Eigenproduktion „Familienidylle“ des theagovia theater zeigt eine Familie im Ausnahmezustand, der vielleicht gar nicht so ungewöhnlich ist. mehr