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02.01.2013

Von der Klosterbibliothek zum Büchershop

Von der Klosterbibliothek zum Büchershop
Zeitgemässe Bücher in historischen Räumen: Käthy Wild im Museumsshop der Kartause Ittingen | © Katrin Zürcher

Der Museumsshop der Kartause Ittingen ist eine kleine Buchhandlung mit ungefähr zweitausend Titeln. Bücher passen gut ins ehemalige Kartäuserkloster, das als Hort des Wissens eine gut bestückte Bibliothek besass. Hüterin des heutigen Bücherschatzes ist Käthy Wild.

KATRIN ZÜRCHER

Die Kartäusermönche, die von 1461 bis 1848 in Ittingen lebten, verfügten über eine umfangreiche Bibliothek. Ein handschriftlicher Katalog aus dem Jahr 1717 listet mehrere tausend Titel auf: von der Bibel über medizinische und mathematische Schriften bis zu Werken klassischer und zeitgenössischer Dichter. Heute leben keine Mönche mehr in der Kartause, aber Bücher finden sich hier noch immer. Rund zweitausend Titel beherbergt der Museumsshop des Kunst- und Ittinger Museums. Er ist seit elf Jahren das Reich der Bücherverantwortlichen Käthy Wild. „Mir ist es wichtig, Bücher anzubieten, die sich in den Auslagen anderer Buchhandlungen nicht finden.“ Sie erinnert sich ans allererste Buch, das sie einkaufte: „Es hiess ‚Der Mönch, der seinen Ferrari verkaufte‘ und wurde auf Anhieb ein Bestseller mit seither unerreichten Verkaufszahlen. Leider ist es seit Jahren vergriffen.“

Die Badstube des Klosters

Durch die alten Butzenscheiben fällt gedämpftes Winterlicht in den dunkel getäfelten Bücherraum, der den Mönchen als Badstube diente. Auf dem breiten Fenstersims liegen Neuerscheinungen von Thurgauer Autorinnen und Autoren, etwa das Buch „Calais-Dover“ von Museumsmitarbeiter Gianni Kuhn. „Das habe ich auch zu Hause auf dem Nachttischchen“, verrät Käthy Wild. An der gegenüberliegenden Wand steht ein grüner Kachelofen mit dem Bild des Heiligen Laurentius, dem Schutzheiligen der Klosterkirche. Ein Bücherregal nimmt die ganze Längsseite ein; die Raummitte beherrscht ein Kubus mit weiteren Büchern. Seit der Verkaufsraum im Zug eines Umbaus vor drei Jahren neu möbliert worden sei, sei die Bücherpräsentation nicht einfacher geworden, sagt Wild. Im Moment steht – passend zur Ausstellung im Kunstmuseum – das dicke Buch über Willi Oertigs Werk an prominenter Stelle. Eigenpublikationen des Kunstmuseums seien ein wichtiger Teil des Ittinger Bücherangebots.

Bücherperlen picken

Einen Bezug zum speziellen Ort haben alle Bücher im Shop, auch die Ratgeber und spirituellen Bücher für die Ruhesuchenden, die im Raum der Stille dem Schweigen der Kartäuser nachspüren. Während sich im Sommer Rosen-, Kräuter- und Gartenbücher gut verkauften, seien es kurz vor Weihnachten solche wie Eveline Haslers „Engel im zweiten Lehrjahr“. Auch Belletristik ist vertreten. „Manche Seminargäste suchen einfach ein Taschenbuch zur Unterhaltung.“ Es seien nicht nur die Besucherinnen und Besucher des Kunst- oder Ittinger Museums, die eine Kunstkarte oder ein Buch kauften. Nicht wenige kämen extra zum Bücherkaufen nach Warth. „Sie schätzen die Atmosphäre unseres kleinen, intimen Buchladens“, sagt Käthy Wild. In ihrer Freizeit besucht sie gern andere Museumsshops oder Buchhandlungen, um sich inspirieren zu lassen. „Ich picke die Perlen für uns heraus.“ Deshalb freut sie sich besonders über Komplimente zum Sortiment.

Die Mona Lisa des Thurgauer Kunstmuseums ist ein Hund

Einen Ladenhüter hatte Käthy Wild in den elf Jahren noch nie, dafür viele Lieblingsbücher. „Frauen, die lesen, sind gefährlich“ ist eines davon. Den „Kleinen Klostergarten“ des Thorbecke-Verlags mag sie ebenfalls. „Ein Buch muss schön gemacht sein und gut in der Hand liegen“, findet sie. „Lesen ist ein sinnliches Vergnügen.“ Von E-Book-Readern hält sie nichts. Ergänzt wird das Sortiment durch wenige andere Artikel: Black Stories für Kinder, Kunsttafeln von H.R. Fricker, ein paar spezielle Stofftiere. „Ein Zürcher Künstlerpaar kauft in Brockenhäusern alte Stofftiere, schneidet sie auf, dreht den Stoff um und näht sie umgekehrt wieder zusammen.“ Die Tierchen heissen sinnigerweise „Outsider“. Käthy Wild nimmt einen schwarzweiss gefleckten Hund in die Hand und holt eine Postkarte mit Adolf Dietrichs Balbo aus dem Kartenständer. „Passt doch, oder?“, fragt sie und lacht. „Balbo ist schliesslich so etwas wie die Mona Lisa des Kunstmuseums.“

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