Seite vorlesen

von Jeremias Heppeler, 23.02.2018

Neues Album von Franky Four Fingers: Rigoros rabiat!

Neues Album von Franky Four Fingers: Rigoros rabiat!
Spielen schon seit 14 Jahren zusammen, jetzt kommt das Debütalbum raus: Die Franky Four Fingers aus Frauenfeld | © PD

Die Frauenfelder Combo Franky Four Fingers hat nach einigen EPs, jetzt ihr Debütalbum vorgelegt. Eines, das es in sich hat, findet unser Korrespondent Jeremias Heppeler

Von Jeremias Heppeler

Der Opener „Sauerkraut“ beginnt mit einem tonnenschweren Riff, das dem Zuhörer ohne eine Sekunde Verzögerung ins Gesicht klatscht wie kalter Schneeregen. Zack! Klatsch! Bumm! Wer jetzt nicht aufwacht ist selber Schuld, den kurz darauf schraubt sich das Reibeisen von Johannes Eiholzer auf den wirbelnden Gitarrenaufsatz und es entsteht ein Soundwirbel, der einem wie Schmiergelpapier das Hörzentrum freikratzt. Lecko Mio!

Wer seine Band Franky Four Fingers nennt, der zitiert sich tief in die Popkultur. Der markante Eigenname entstammt Guy Ritchies Opus Magnum „Snatch“. Franky, verkörpert von Benicio Del Torro, erscheint als meisterhafter Juwelendieb, der sich mit zu vielen grossen Fischen gleichzeitig anlegt. Nun liegt die Gründung der Thurgauer Kombo beinahe eineinhalb Jahrzehnte zurück und vermutlich würde die Band heute ganz anders heissen, nichtsdestotrotz kommen wir beim sinnieren über das Debütalbum nicht darum herum, einen „Snatch“-Vergleich aufzuwärmen. Denn Guy Ritchie gehört zu einer Generation von Regisseuren, die man unter Schlägen der Begriffskeule wohl als post-post-modern bezeichnen könnte. Jene Autoren nämlich, die nicht nur die alten Meister wie Kubrick und Coppola zitierten, sondern eben auch deren Nachfolger wie Tarantino oder Stone konsequent in den eigenen Geschichten verwebten. In Ritchies Fall wird der wilde Gangster-Cocktail durch explizit britischen Mundschlag ergänzt.

Über die Jahre sind viele Einflüsse zusammen gekommen

Spiegeln wir diesen Gedankengang nun auf die Band Franky Four Fingers, so erkennen wir eine konsequente Zitation durch die Rock- und Popgeschichte, die durch Einspritzung eines lokalen Geistes eine eigenständige Faszination gewinnt. Dazu passen auch die Gedanken, die Franky-Gitarrist David Nägeli im Gespräch mit thurgaukultur.ch erläutert. „Wir spielen seit bald 14 Jahren zusammen. Zu Beginn war da die Richtung, die wir einschlagen wollen, noch sehr klar bei allen. Mit der Zeit entdeckte halt jeder mehr individuelle Interessen und die reichten von Metal über Jazz zu Rap bis hin zu Techno. Und so prallen in der Schaffenphhase häufig verschiedene  Ideen aufeinander, die wir irgendwie in ein Stück verpacken sollen. Da wird natürlich viel diskutiert, aber das funktioniert bei eingesessenen Freunden natürlich gut.“ Diese Herangehensweise führt dazu, dass das selbstbetitelte Debütalbum der Franky Four Fingers einen Sound generiert, der zwar immer wieder aufs neue Bausteine aus Stonerrock, Schweinerock, Punkrock und Rock´N`Roll auf die Schablonen setzt, hierbei aber einen eigenständigen Weg freischaufelt.

Am ehesten erinnert dieser wilde Cocktail an die kalifornische Kombo Mother Tongue, der es in Perfektion gelang, die eigene Rohheit zur Perfektion zu treiben. Ein ähnliches Kunststück gelingt auch Franky Four Fingers, die auf smoothen Kompositionen wie „Igor“ und „Hill Street Booze“ definitiv ein Gespür für komplexe Songstrukturen aufzeigen, sich aber zu keinem Zeitpunkt in prätentiösen Geschwurbel verlieren, sondern die Stücke rigoros rabiat runterbrettern. Und wo wir schon so ausführlich übers Zitieren gesprochen haben: Die grosse Kunst liegt nicht im Zitieren von Anderen, sondern von sich sich selbst: „Kaum Songs auf der Scheibe hätten in den Rahmen einer der vorhergehenden Veröffentlichungen gepasst. Dennoch verweisen sie auf das, was vorher war: „Aber da git mir alles nid so viel“ ist eher nahe bei der ersten, etwas roheren, straighteren, unkomplizierten EP; „The Hollow Men“; greift die ausschweifenden Elemente der zweiten, leicht experimentellen EP auf. Dementsprechend trägt das Album auch den selftitled Namen: Es soll das zusammenfassen, was die Frankys bisher waren. Das erlaubt es uns auch, ein gewisses Kapitel abzuschliessen und vielleicht ein weiteres Mal andere Einflüsse in die Musik einzubinden.“

Geschmeidig charmant bis rotzfrech

Das gelingt dem Frauenfeld Sextett über die volle Albenlänge erstaunlich gut – auch wenn der  Dauerbeschuss an Ideen, Riffs und Vollgas-Gesang in der zweiten Hälfte immer mal wieder ein wenig anstrengend werden kann. Und doch helfen Songbretter wie  „Samos“ oder „Pisa I. P. A.“ auf geschmeidig charmante bis rotzfreche Art, sich in diesen kalten Monaten in den nahenden Frühling inklusive Autofahrten, bei denen Mann den Schädel in den Fahrtwind halten kann, zu träumen. Unbedingt reinhören!

Termin: Die Franky Four Fingers spielen am Samstag, 24. Februar, im Horst-Klub in Kreuzlingen

Video 1: So klingen Franky Four Fingers

Video 2: Die Franky Four Fingers live

 

 

 

 

 

www.frankyfourfingers.ch

Kommentare werden geladen...

Kommt vor in diesen Ressorts

  • Musik

Kommt vor in diesen Interessen

  • Kritik
  • Pop
  • Punk

Werbung

Unsere neue Serie: «Wie wir arbeiten»

Unsere Autor:innen erklären nach welchen Grundsätzen und Kriterien sie arbeiten!

Fünf Dinge, die den Kulturjournalismus besser machen!

Unser Plädoyer für einen neuen Kulturjournalismus.

#Kultursplitter im Januar/Februar

Kuratierte Agenda-Tipps aus dem Kulturpool Schweiz.

"Movie Day": jetzt für 2025 bewerben!

Filme für das 12. Jugendfilm Festival können ab sofort angemeldet werden. Einsendeschluss der Kurzfilme für beide Kategorien ist der 31.01.2025

21. Adolf-Dietrich-Preis 2025

Bewerbungsschluss: 28. Februar 2025

Ähnliche Beiträge

Musik

Zauberhafte Stabmusik

Das Trio Colores um den Thurgauer Schlagzeuger Fabian Ziegler hat mit «En Couleur» ein spannendes, neues Album aufgenommen. mehr

Musik

Noëlles Klanggeschenk

Weihnachten mit zeitgenössischer Musik: O du fröhliche Disharmonie? Von wegen. Das “Concert de Noëlle No.2 im Kunstraum Kreuzlingen war wunderlich wundersam. mehr

Musik

Harter Sound mit viel Liebe zum Detail

Seit fünf Jahren arbeitete die Frauenfelder Band Haile Selacid an ihrem Debütalbum, das Anfang November erschien. Es begeistert mit einem innovativen Mix aus Heavy Metal, Black Metal und Punk. mehr