von Zora Debrunner, 13.02.2017
Wie Donald Trump wirklich ist
„Ergötzliches" geht im Theaterhaus Thurgau in die nächste Runde: 2017 konzentriert sich Thomas Götz auf die Olma, die Umsatzsteuerreform und, natürlich, Donald Trump. Den er konsequent Trömp nennt. Ein Erfahrungsbericht.
Von Zora Debrunner und Sascha Erni (Fotos)
Wer zum ersten Mal „Ergötzliches" besucht, wird sich schnell wie an einem Klassentreffen fühlen. Hier kennt jeder offenbar jeden. Und von jedem, den man fragt, warum er sich diese Mischung aus politischem Kabarett und Comedy anschaut, wird man mit einem erstaunten Blick betraut. „Wir besuchen jede Staffel!" sagt der eine. Eine andere sagt: „Hier siehst du alle, selbst die, die du gar nicht sehen willst." An der Bar des Theaterhauses in Weinfelden steht einer der unzähligen anwesenden Politiker neben einem Typen in Helly-Hansen-Jacke und Edelweisshemd und wartet auf sein Bier. In Kultursachen sind wir Thurgauer eben alle gleich.
Thomas Götz' neueste Staffel von „Ergötzliches" steht ganz im Zeichen der Olma. Zu Anfang des Abends werden die Gäste im ausverkauften Theaterhaus Thurgau mit der hochmotivierten und engagierten Grussbotschaft von Regierungsrat Schönholzer in Endlosschlaufe beglückt und mehr als einer wird sich gedacht haben: „Oh Gott, hätte ich doch bloss den anderen gewählt!" Alle sind erleichtert, als Nationalrat Arnold Schnyder (Thomas Götz in einer seiner vielen Rollen) auf die Bühne tritt und in sympathischem Kauderwelsch die Thurgauer Politiker, allen voran besagten Regierungsrat und den Olma-OK-Präsidenten, liebevoll auf die Schippe nimmt.
Gefühlt zwei Volksvertreter pro drei Sitze – "Ergötzliches"ist in der regionalen Politik beliebt. Bild: Sascha Erni
Götz trifft mit seinen feinen Spitzen gegen die „Politelite" immer und immer wieder ins Schwarze. Das musikalische Zwischenspiel wird von der jazzigen Band „Die schöne Geste" gestaltet. Sängerin Corinne Moser verzaubert mit Stimme und Präsenz. Die Interpretationen von Songs wie „All about that Bass" oder „Get Lucky" sind eingängig und suchen ihresgleichen.
Näppi, Trömp und eine Ständerätin aus St. Gallen
Mit Schrecken stellen die Zuschauer fest, dass sich US-Präsident Trömp im Theaterhaus aufhält. Dank einer 007-würdigen Einlage von Götz werden sie Zeuge, wie Trömp WIRKLICH ist. Daniel Felix und Joel Blaser untermalten die vielen Filmeinspielungen mit ihrem ganz eigenen, trockenen Humor und sorgen mehr als einmal für Lacher. Dass ausgerechnet Näppi aka Napoleon Bonaparte eine Rede zur Lage der Nation und zum Thema „Grössenwahn" hält, stösst bei allen Anwesenden auf Zuspruch. Wenn Götz Napoleon gibt, wird er schneidend zart, aber nicht weniger angriffig. Wir lernen, was alternative Fakten sind und dass es für Machthaber am besten ist, wenn sie sich selbst zitieren.
Gesprächsgast (und Ständerätin) Karin Keller-Sutter hatte sichtlich Spass an "Ergötzliches". Bild: Sascha Erni
Gast des Abends ist die St. Galler Ständerätin Karin Keller-Sutter, die mit Mann und Hund Picasso „Ergötzlich" beiwohnt. Sie analysierte mit klaren Worten die aktuelle politische Lage der Ostschweiz und gibt zu: „Wir im Ständerat erschrecken manchmal auch, wenn wir den Nationalrat abends in der Tagesschau sehen." Zum Glück ginge es im Ständerat anders zu und her, meint sie. Dass zumindest die Ostschweizer Politiker parteiübergreifend abends gemeinsam essen gehen, weil von Bern aus kein Zug mehr in den Osten fährt, beruhigt wohl nicht nur das Publikum sehr.
Die nächsten Termine:
„Ergötzliches" im April 2017: Donnerstag 20. / Freitag 21. / Samstag 22. „Ergötzliches" im Juni 2017: Donnerstag 8. / Freitag 9. / Samstag 10.
Corinne Moser von "Die schöne Geste" überzeugt mit ihrer Stimmgewalt. Bild: Sascha Erni
Von Zora Debrunner
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