von Samantha Zaugg, 18.09.2016
Kunstraum: für Inszenierung offen
Vom 19. November bis 11. Dezember findet die zweite Werkschau Thurgau statt. Organisatorin ist die Kulturstiftung des Kantons Thurgau. In einer Serie stellen wir die sieben Kunsträume vor. Hier mit Richard Tisserand im Kunstraum der Thurgauischen Kunstgesellschaft in Kreuzlingen.
Brigitta Hochuli: Interview; Samantha Zaugg: Video
Richard Tisserand, Sie waren in der Jury der werkschau tg 16 mit dabei und zeigen ab November im Kunstraum Kreuzlingen ausgewählte Werke. Ist es Ihnen schwer gefallen, aus den 154 Bewerbungen 71 Positionen auszuwählen? Wie waren Niveau, Innovativität und Vielfalt insgesamt?
Richard Tisserand: Die Eingabe an die Werkschau beinhaltet auch, dass sich die Kandidaten einer Auswahl unterwerfen. Als profunder Kenner unserer Kunstszene habe ich kein Problem, Entscheide zu fällen. Wichtig ist mir dabei, den Künstlern gegenüber gerecht zu sein, die einzelnen Dossiers richtig anzuschauen und die Chancen offen zu halten. Die Neugierde und die Suche nach Innovation sind dabei ein guter Begleiter. Das Niveau bleibt in einer so begrenzten Region in etwa gleich, doch dieses Jahr hatten wir weit mehr Ausstellungsflächen zur Verfügung, also stieg die Chance ausgewählt zu werden. Vielfalt ist immer genügend vorhanden.
Sie sprechen von Gerechtigkeit. Was bedeutet sie für die Künstler?
Beim Jurieren dachte ich an die Definition der Werkschau an sich. Das heisst, dass gezeigt werden soll, was in den letzten Jahren Neues in den Ateliers passiert ist. Darum soll sich keiner, der nicht in die Kränze kam, hintersinnen, was und warum er nicht dabei sein kann. Er soll eher daran denken, dass jemand anderer die Chance erhalten hat auszustellen und dass es wieder eine Werkschau geben wird. Ich als Künstler selbst gebe in Schaffhausen an der „ERNTE" auch nicht alle Jahre ein, ich gebe dann ein, wenn ich etwas Neues parat habe.
Hatten Sie bei der Jurierung Ihren eigenen Ausstellungsort, den Kunstraum. im Kopf? Was zeichnet ihn aus? Was ist möglich? Was nicht?
Beim Jurieren denke ich nicht an den Kunstraum. Meine Wahl treffe ich nach der Jurierung beim Verteilen der Künstler. Das ist dann, wenn die Jury die Dossiers zum vierten oder fünften Mal in die Hände nimmt. Aber dann schaue ich auf die Vielfalt, die die Region hergibt, dann schaue ich auf den Kontrast, den ich für die Ausstellung suche, dann schaue ich auch, ob es etwas Neues für die Medienkunst im Tiefparterre des Kunstraums gibt. Möglich muss alles sein. Die Werkschau ist ja auch ein Spiegel der Kunstszene unserer Region. Eigentlich liebe ich es, Ungewohntes zusammenzubringen. Das gibt mir auch die Gelegenheit, am regionalen Kunstbegriff zu rütteln - da hat ja jeder einen eigenen, das wissen wir schon lange.
Wie macht man eigentlich eine Ausstellung? Passt man sie den vorhandenen Räumen an oder versucht man, eine Geschichte zu erzählen?
Räumlich bin ich begrenzt, aber nicht im Ausdüfteln der Inszenierung. Da gibt es Spielraum für den Kurator. Da wird es die Möglichkeit geben, eine eigene Geschichte für die Ausstellung zu schreiben. Ausserdem kann ich mit jedem, der im Kunstraum ausstellen wird, über den Vorschlag, den er ja in der Eingabe gemacht hatte, eingehend sprechen. Wie die Ausstellung aussehen wird, kann ich heute nicht sagen und möchte mich auch nicht festlegen. Eines weiss ich aber, es ist genügend Potential vorhanden.
***
Richard Tisserand- 1948 geboren in Eschenz, 1970/71 Aufenthalt in Wien; seit 1971 lebt und arbeitet er abwechslungsweise in Paris, Stein am Rhein und Eschenz
- 1994/98 Präsident Visarte Paris.
- 1984 Adolf Dietrich-Förderpreis
Ein Satz, ein roter Faden, bilden jeweils das Thema der Jahresprogramme für die Ausstellungen, für welche Kurator Richard Tisserand junge KünstlerInnen mit innovativen Projekten auswählt. Zum Konzept gehören auch regelmässig stattfindende Vorträge mit hochkarätigen ReferentInnen, Veranstaltungen wie Künstlergespräche, Theater mit thematischem Bezug zur Kunst oder die Teilnahme an der mit der Nachbarstadt Konstanz durchgeführten Kunstnacht Konstanz-Kreuzlingen. Zur Bandbreite der Aktivitäten zählt zudem alle zwei Jahre die Verleihung des Adolf-Dietrich-Förderpreises der Thurgauischen Kunstgesellschaft, welche als Gründerin und Trägerverein die finanzielle Basis des Kunstraums kontrolliert und garantiert." (tiss/pd) |
Bisher in der Werkschau 16-Serie erschienen:
Galerie Adrian Bleisch: freie Sicht (5)
Shed: auf Hallenmitte achten (4)
Kunstmuseum: starker Charakter (3)
KVA Weinfelden: wuchtiger Koloss (2)
Arbon: Lagerhalle fordert heraus (1)
Weitere Beiträge von Samantha Zaugg
- Fenster zum See (23.12.2022)
- Der Menschenversteher (09.10.2022)
- Alles nur wegen der Blasen? (17.02.2022)
- Aus dem Leben eine Geschichte machen (12.03.2021)
- Der Platz im Leben (21.01.2021)
Kommt vor in diesen Ressorts
- Kunst
Kommt vor in diesen Interessen
- Serie
Ist Teil dieser Dossiers
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