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von Brigitta Hochuli, 04.10.2012

generations 2012 im Tagebuch

generations 2012 im Tagebuch
Tosender Applaus schallt nach dem Konzert dem Vienna Art Orchestra im Stadtcasino Frauenfeld entgegen. | © Stefan Deuber Photography

Brigitta Hochuli

BILANZ AM SONNTAG

Das Konzert des Vienna Orchestra habe den glanzvollen Schlusspunkt hinter ein durchs Band erfreuliches und erfolgreiches Festival gesetzt, teilt das Organisationskomitee am Sonntagabend mit. Eine erste Bilanz zeige, dass das Festival auch bezüglich Publikumsaufmarsch ein Erfolg gewesen sei. Sowohl die Besucherzahlen als auch die Billett-Einnahmen würden vermutlich leicht über den Werten des letzten Festivals liegen.Das Niveau der Teilnehmer an den Masterclass-Workshops sei hoch gewesen. Dies habe sich am Konzert der Förderpreisband gezeigt. Die frisch gewählte «generations Unit 2012» habe die anspruchsvollen Arrangements ihres Mentors und Workshop-Masters Adrian Mears absolut sicher und ausdrucksstark präsentiert. Die einmalige Dichte an hochstehenden Jazz-Acts in der Frauenfelder Innenstadt und die Szenerie in den Clubs hätten zudem an das legendäre New Yorker Jazzmekka Greenwich Village erinnert.Zu den weiteren Höhepunkten der diesjährigen Austragung haben nach Meinung des Komitees das Eröffnungskonzert von Rusconi vor vollen Rängen und die dem Bebop und Hardbob gewidmeten Clubabende der amerikanischen Jazzgrössen gehört. Eigens aus der Wiege des Jazz angereist, hätten besonders David Hazeltine, Piano, Peter Washington, Bass, und der legendäre Louis Hayes am Schlagzeug begeistert. Bei den Liebhabern der feineren Klänge sei der Jazzclub Terrasse mit den Auftritten der Wien-brasilianischen Sängerin Jacqueline Patricio da Luz und ihrer Band besonders beliebt gewesen. Die gut besuchten Vorabendkonzerte im VorStadttheater hätten schliesslich einen stilistischen Kontrapunkt gesetzt und ein Schlaglicht auf das einheimische Schaffen geworfen – dies weit über die Kategorien des traditionellen Jazz hinaus.

Und weil’s so schön war: Hier noch eine art-tv.ch-Aufnahme von der Band Rusconi.

 

THE END

Am Samstagabend strömt das Volk ins Frauenfelder Casino. Schliesslich ist mit dem Vienna Art Orchestra (VAO) Weltklasse-Jazz angesagt. Am Stimmungspegel gemessen wird es nicht enttäuscht. Als Ansager, Conférencier und Dirigent fungiert der Orchestermitbegründer Mathias Rüegg. Eventuell sei dies nur ein Nostalgieabend, sagt er sichtlich nervös. Man habe vier Tage lang geprobt und es sei ihm so vorgekommen, als wäre seit 1989 keine Zeit vergangen. „Die Band ist in einem super Zustand.“

Mathias Rüegg leitet das Vienna Art Orchestra im Stadtcasino Frauenfeld am Abschlusskonzert des Jazzfestivals generations 2012. Bild: Stefan Deuber Photography

Die Zusammensetzung der Band in der einmaligen generations-„Reunion“ ist tatsächlich fast die alte: Lauren Newton, Wolfgang Puschnig, Harry Sokal, Roman Schwaller, Christian Radovan, Jon Sass, Herbert Joos, Woody Schabata, Heiri Känzig, Joris Dudli, Wolfgang Reisinger und für die zwei verstorbenen Bumi Fian und Hannes Kottek die Trompeter Thomas Gansch und Juraj Bartos.

Manchmal habe man auch schöne Stücke gespielt, erzählt Mathias Rüegg, solche, die seinen Eltern gefallen hätten. Und sagt „Romana“ an, „unserem Roman gewidmet“, Roman Schwaller, der künstlerische Leiter des „generations“. Das Publikum schwelgt. Die Erfolgsformel der Band? „Wir waren alle sehr jung, wir waren frech, Besitzer eines Instruments und schauten ungeheuer gut aus.“

Gut aussehen tun sie heute noch und spielen können sie auch. „Absolute Weltklasse“, findet einer. Leider auch musikalisch unverändert und traditionell gut, kritisiert ein anderer. Er habe sich nach 23 Jahren ein wenig Innovation erhofft. 

The Reunion of the Original Vienna Art Orchestra im Stadtcasino Frauenfeld. Bild: Stefan Deuber Photography


SAMSTAGSHÖHEPUNKT

Nach dem Schock die «Reunion of the original Vienna Art Orchestra»
Im Jahr 2010 hatte Mathias Rüegg aus finanziellen Gründen das Ende des weltweit berühmten und anerkannten Vienna Art Orchestra bekannt gegeben. Das sei ein Schock für die Szene gewesen, meint die Festival-Leitung.
Roman Schwaller, künstlerische Leiter von «generations», war von 1979 bis 1989 selbst Mitglied des Vienna Art Orchestra. Es gelang ihm, mit Mathias Rüegg eine einmalige «Reunion» anlässlich des «generations» 2012 zu vereinbaren. Mit dabei sind fast alle Originalmitglieder wie Lauren Newton, Wolfgang Puschnig, Harry Sokal, Roman Schwaller, Christian Radovan, Jon Sass, Herbert Joos, Woody Schabata, Heiri Känzig, Joris Dudli, Wolfgang Reisinger und für die zwei leider verstorbenen Bumi Fian und Hannes Kottek die Trompeter Thomas Gansch und Tobias Weidinger.

***
Und hier noch ein Bericht der „Thurgauer Zeitung“ über das „Andenken an die Vorbilder“

DER FREITAG

Auftritt Adrian Mears’ New Orleans Hardbop im Grossen Saal des Eisenwerks mit
Adrian Mears, trombone, Domenic Landolf, tenor sax & bass clarinet, Peter Madsen, piano, Stephan Kurmann, bass, und Mario Gonzi, drums.

Adrian Mears' New Orleans Hardbop im Grossen Saal des Eisenwerks Frauenfeld. Bild: Stefan Deuber Photography


DONNERSTAG: ZWISCHENBILANZ

„Die Stadt swingt“, stellt generations-Medienchef Wolfgang Bollack fest – und dies:
„Generations läuft sich warm und allmählich zur Höchstform auf. Mitte Woche zündete die zweite Stufe. In einem weiteren Jazzclub, dem Sternen, swingt es seit Mittwoch Abend. Der Grosse John Marshall mit seinem Sextett gibt sich die Ehre, am Schlagwerk die New Yorker Jazzlegende Louis Hayes. In den anderen Clubs sind die Besetzungen neu. Im Jazzclub Terrasse ist nun der sinnliche Timbre der Wien-Brasilianerin Jacqueline Patricio da Luz zu vernehmen. Jazzmusiker sind an allen Ecken der Stadt zu treffen, verstärkt nun von der Gilde der Vienna Art Orchestra-Koryphäen, die am Samstag zusammen mit der weitgereisten Jazzfangemeinde ihre einmalige Reunion feiern.

Im Schlepptau dieser sensationellen Reunion bereichern sie nicht nur das Strassenbild, sondern da und dort auch die Besetzungen in den Clubs und Konzerten. So gab das Art Orchestra-Urgestein Herbert Joos am frühen Mittwochabend ein «Art of the Duo»-Stelldichein mit seinem Partner Feank Kuruc an der, nein, nicht Jazz-, sondern klassischen Gitarre. Subtile Töne vom Feinsten. Auch die leisen Klänge haben am generations ihren Platz, und entgegen einigen Unkenrufen dominiert in den Clubs, gerade während der ruhigeren Passagen, das begeisterte Hinhören.

Förderpreisband bestimmt


Die Würfel sind am Mittwoch um 20 Uhr gefallen: Die internationale Förderpreisband ist bestimmt, seit Donnerstag, 10 Uhr, probt sie unter der Leitung von Adrian Mears fürs Konzert der generations Unit 2012 im Grossen Saal des Eisenwerks. Die Auserwählten sind: Norbert Farkas, Bass (A), Lukas Gabric, Tenorsax (A), Mátyás Gayer, Piano (H), Timothy Hurley, Altosax (AUS), Christoph Neuhaus , Gitarre (D), Manuel Weyand, Schlagzeug (D).

Vienna Art Orchestra fährt jetzt schon ab

Das Casino-Theater erbebt seit Donnerstagmorgen. Die Probetöne lassen die Vorfreude in die Glieder fahren. Matthias Rüegg, Conductor, Composer, Arranger, hat den Taktstock ergriffen – nicht zu bremsen wie eh mit seinem Grossaufgebot von 13 Spitzenmusikern aus ganz Europa – und der unvergleichlichen Vokalistin Lauren Newton. Das fährt ab, das wird ein Fest für den ganz grossen Jazz! Wer jetzt nicht nach Frauenfeld kommt, ist selber schuld.“

DER MITTWOCH IN BILDERN

Im Uhrzeigersinn:

☛ «Greenwich Village» John Marshall Sextet feat. Louis Hayes im Jazzclub Sternen; von links: Johan Hörlén, alto sax; Louis Hayes, drums; John Marshall, trumpet; Peter Washington, bass; Grant Stewart, tenor sax; David Hazeltine, piano.

☛ «Upcoming» Jam Session mit jungen Talenten im Jazzclub Schlosskeller featuring Thomas Gansch, trumpet.

☛ «Contemporary» Sokal-Känzig-Reisinger im Jazzclub Eisenbeiz; von links: Harry Sokal, tenor & soprano sax; Heiri Känzig, bass; Wolfgang Reisinger, drums.

☛ «The Art of the Duo» im VorStadttheater; von links: Frank Kuruc, guitar; Herbert Joos, flugelhorn.

☛ «Classic Trios» TRIPLE ACE im Jazzclub Piano Bar; Dusan Novakov, drums; Uli Langthaler, bass; Oliver Kent, piano. Bilder: Stephan Deuber Photography

ZWEI WELTEN AM DIENSTAG

„The Art of the Duo“ zum Dritten: Im VorStadttheater im Eisenwerk treten der Frauenfelder Künstler und Schlagzeuger Mark Huber und Sängerin Lauren Newton auf. Ihre Musik hat nicht viel mit Jazz zu tun. Sie klingt nachhallig, sphärisch, fernöstlich, dadaistisch; zeitweise wähnt man sich im Urwald. Einmal liest Lauren Newton aus einem vergilbten Büchlein: eine Textsammlung von Bichsel, Schwitters bis Walser. Ein Einzelsatz: „Trotzdem haben sie viel zu erzählen.“ Zur Instrumentierung gehören Abfallprodukte, eine weggeworfener Hühnerfutterschale dient als Gong. Ein Gesamtkunstwerk – Schwitters lässt grüssen. Streckenweise ahnt der Hörer eine Partitur, dann wieder gibt es Brüche hin zur Improvisation. Das findet Mark Huber spannend. „Wir haben eine Form für uns gefunden. Wir sind keine puren Jazzer, wir definieren uns offener.“ Ihre Musik umfasse mehr als die Traditionen der „Flagge Jazz“. – Nach ihrem Auftritt spielten Huber und Newton in grösserer Gruppe in der Eisenbeiz (siehe Bild).

Ergänzend hier der Bericht vom Freitag in der “Thurgauer Zeitung”.

"Contemporary" - Lauren Newton Quartet im Jazzclub Eisenbeiz; von links Wolfgang Puschnig, alto sax, Lauren Newton, vocal, Heiri Känzig, bass, Mark Huber, drums Bild: Stefan Deuber Photography

Dann der Wechsel ins „Terrasse“. Jazzclub mit „Modern Art“ und Daniel Nösigs Jure Pukl Quintet. Hier liesse es sich tanzen auf den Wellen des Modern-Jazz. Eine andere musikalische Welt als die des Mark Huber – aber nicht minder befruchtend.

“UPCOMING” AM MONTAG

Junge Talente messen sich im Jazzclub Schlosskeller. Bild: Stefan Deuber Photography

DAS ERÖFFNUNGSWOCHENENDE

Eröffnungskonzert mit RUSCONI; von links: Stefan Rusconi, piano, Fabian Gisler, bass, Claudio Strüby, drums. Bild: Stefan Deuber Photography

„Phänomenales Eröffnungskonzert von generations12 in Frauenfeld!“ postet der Thurgauer Kulturamtchef René Munz auf Facebook.

Dies bestätigt selbstverständlich OK-Präsident Robert Fürer, der am Sonntag gegen 14 Uhr gerade von einer Unterrichtslektion kommt. Der Auftakt zum generations am Samstag sei geglückt. Mit 350 Zuhörern sei die Aula der Kantonsschule ausgebucht gewesen: „Super Konzert!“, „gutes Echo!“. „Glücklich sind auch die Musiker rund um Stefan Rusconi, die alle vor zwölf Jahren noch als Schüler dabei waren, glücklich im Sinne der Nachhaltigkeit.“

Fullhouse hat Fürer am Samstag auch in den drei ersten Clubs angetroffen sowie ein bemerkenswertes Niveau bei den Schülern der Meisterkurse im Keller der Pianobar – wobei von Schülern natürlich keine Rede mehr sein könne, sie seien alle Musiker mit abgeschlossener Ausbildung.

Fürers erste OK-Sitzung ist ebenfalls schon über die Bühne. Keine Klagen, alles funktioniere bestens.

"classic trios" in der Jazzclub Piano Bar; Das David Hazeltine Trio; von links: Louis Hayes, drums, Peter Washington, bass, David Hazeltine, piano. Bild: Stefan Deuber Photography


Am späten Sonntagabend meldet sich Wolfgang Bollack, Verantwortlicher für die Medienarbeit des generations12. „Der Auftakt mit Rusconi war ein furioser und im besten Sinn ,generations‘, haben doch Stefan Rusconi und auch Fabian Gisler selber einst die Masterclass Workshops in Frauenfeld durchlaufen. Das Trio zauberte, sprengte alle Grenzen der Stile und Emotionen und weckte in der voll besetzten Aula der Kantonsschule Begeisterungstürme.“ Nach dem Eröffnungskonzert der Jungtalente hätten sich die Altmeister nicht lumpen lassen, sondern „zupften, groovten, griffen in die Tasten, dass die zum Bersten vollen Clubs auf Feinste zu swingen begannen“.

"The Art of the Duo" im VorStadttheater; von links Christoph Stiefel, piano, Lisette Spinnler, vocal Bild: Stefan Deuber Photography 

generations12 verspreche ein grosser Jahrgang zu werden. Das habe die Fortsetzung mit der bezaubernden Lisette Spinnler und dem virtuosen Christoph Stiefel im ersten Sonntagskonzert im Eisenwerk, der “Art of the duo” gewidmet, glasklar anklingen lassen. Der Auftritt sei streckenweise magisch gewesen, schreibt die “Thurgauer Zeitung”.

Informationen und Bekenntnisse gibt es übrigens auch hier.

***

Kommentare zu «generations12»

Markus Schär | 07.10.2012, 13.34 Uhr
Sagen wir es mal so: Wer gestern Abend weltweit ein besseres Konzert hören wollte als im Frauenfelder Stadtcasino, musste lange suchen. Oder wie Mathias Rüegg: “Standing Ovations gibt es an Jazzkonzerten eigentlich nicht.” (Was soll die Mäkelei, dass das Ur-VAO dasselbe spielte wie 1989 – nur 23 Jahre reifer, also besser? Das war der Zweck der Veranstaltung, und für Neues reichten Zeit und Geld der TKB nun mal nicht.)
Patrick Manzecchi | 07.10.2012, 22.02 Uhr
Ich war im “Sternen” und sah mir das John Marshall Sextett an. Gefeatured wurde der legendäre Drummer Louis Hayes, der jahrelang bei Cannonball Adderley spielte. Noch immer präsent, das Ohr stets beim Mitspieler, voller Swing und Eleganz. Für mich persönlich eine echte Sensation, eine Legende wie ihn erleben zu dürfen. Und ich wurde nicht enttäuscht, auch nicht von der restlichen Mitmusikern und der gesamten Band. Ich finde es klasse, dass es das “Generations” gibt und ich versuche immer dort vorbeizuschauen. Viele Grüße von einem Jazzfan aus Konstanz.

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