von Andrea Gerster, 25.11.2009
Glücksgefühl brachte Glück

Der Govinda Verlag Zürich schrieb einen sehr gut dotierten Lyrikwettbewerb aus. Mehr als 600 Gedichte aus dem deutschen Sprachraum wurden eingereicht. Die 21jährige Jus-Studentin Fiona Feuz aus Frasnacht (Arbon) belegte mit ihrem Gedicht «Glücksgefühl» den zweiten Platz.
Andrea Gerster
«Dass ich mit etwas, das ich gerne mache Erfolg habe, freut mich am Ganzen am meisten», sagt Fiona Feuz und strahlt. Die 21-jährige Jus-Studentin aus Frasnacht (Arbon) schreibt gerne Gedichte. Seit ihrem elften Lebensjahr tut sie das. Aber so richtig gepackt wurde sie vor fünf Jahren, während einer Sonderwoche «Musik und Gedichte» an der PMS Kreuzlingen. Ihr erstes Gedicht trug den Titel «Das Mädchen und der Wind». Eine Art Liebesgedicht, sagt sie. Ihre Maturaarbeit war denn auch ein Lyrikband mit dem Titel «Kaffeeduft und Strassenlärm».
Höchstalter 28 Jahre
Zufällig wurde sie auf den Lyrikwettbewerb des Govinda-Verlags aufmerksam. Dessen Motto lautete «Dem Schönen zuliebe - Aller Dürftigkeit zum Trotz». Die Schreibenden durften höchstens 28 Jahre alt sein. Es war der erste Wettbewerb, an dem Fiona Feuz teilnahm. Als sie erfuhr, dass sie zu den 84 Autorinnen und Autoren gehörte, die in der geplanten Anthologie veröffentlicht würden, hatte sie bereits Glücksgefühle, aber als sie von dem zweiten Platz erfuhr, der immerhin mit 3000 Franken dotiert ist, war sie total überrascht, und die Glücksgefühle stellten sich erst einen Tag später ein, dafür aber um so intensiver. Den ersten Platz belegte der Gymnasiallehrer Tobias Pagel aus Deutschland, den dritten die Philosophiestudentin Laura Martena ebenfalls aus Deutschland.
Keine Sozialromantik
Nach der Matura machte Fiona Feuz ein Zwischenjahr. Dazu gehörten verschiedene Jobs und ein Australienaufenthalt. Ausserdem ein Praktikum in einer Anwaltskanzlei in Deutschland. Nach dem Praktikum war für sie klar: Sie würde Jura studieren. Das Recht interessiere sie, sagt sie, es komme ihrer Vorstellung etwas zur Gerechtigkeit beitragen zu können am nächsten. Dabei sieht sie sich nicht als Sozialromantikerin, sondern sie möchte sich mit Arbeitsrecht befassen, aber auch Journalismus käme in Frage. Eine gute Grundlage sei das Studium allemal, meint sie. In Australien zu reisen und zu entdecken, ohne irgendwelche Verpflichtungen zu haben, immer nur auf den Moment konzentriert sein zu können, habe sie höchstwahrscheinlich zu ihrem Gedicht «Glücksgefühl» inspiriert.
Lyrik auf Zettel
Sie schrieb es speziell auf die Ausschreibung hin. «Normalerweise schreibe ich nicht Gedichte, die besonders schön und heiter sind», sagt sie. Ihre Lyrik entstehe spontan unterwegs oder vor dem Einschlafen auf irgendwelche Zettel geschrieben, oder wenn nichts anderes da sei, auf die Vorderseite eines Buches. Dann werden sie in ein Heft übertragen und später in den Computer. Das sind dann bereits zwei Überarbeitungsvorgänge. «Viel mehr gibt es auch nicht», erklärt Fiona Feuz. In ihrer Lyrik möchte sie verstanden werden, nahe beim Alltag bleiben. Oft lässt sie das «Ich» in den Hintergrund treten, wählt das Stilmittel der Ellipse. Auf die Frage, welche Lyrik sie besonders mag, meint sie spontan: «Die von Ulla Hahn.»
Ihre Zukunftsvorstellungen habe sich durch den Erfolg nicht verändert, sagt sie: Das Studium absolvieren, Gedichte schreiben und irgendwann einen Lyrikband veröffentlichen - und reisen.
Glücksgefühl
Einen Luftballon gekauft
und losgelassen
zugesehen wie er flog
von einem Windhauch getragen
der Sonne entgegen
flüchtig gehofft
dieser rote Punkt zu sein
wachgerüttelt vom Strassenlärm
meinen Weg fortgesetzt
nicht ohne ein wenig Freiheit
zwischen meinen Fingern
zu spüren
Fiona Feuz in
«Dem Schönen zu Liebe», 100 lyrische Texte von jungen Autorinnen und Autoren, Govinda-Verlag, Zürich 2009