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24.01.2018

Das plant der Kanton mit dem Millionenerbe von Walter Enggist

Das plant der Kanton mit dem Millionenerbe von Walter Enggist
Der Kantonsarchäologe Hansjörg Brem und der Kantonsbibliothekar Bernhard Bertelmann informierten über das Ende des Nachlassverfahrens und die geplanten Projekte. | © PD

Der Kanton Thurgau wurde im Juli 2016 mit einem grossen Erbe überrascht. Der verstorbene Frauenfelder Walter Enggist vermachte dem Amt für Archäologie und der Kantonsbibliothek je zur Hälfte sein 6,36 Millionen Franken umfassendes Vermögen. Nun ist das Nachlassverfahren abgeschlossen und es sind bereits erste konkrete Projekte geplant. Dazu haben die beiden Ämter gemeinsam mit dem Amt für Mittel- und Hochschulen den «Forschungspreis Walter Enggist» ins Leben gerufen.

Warum vermacht eine Person dem Kanton Thurgau beziehungsweise zwei spezifischen Ämtern sein gesamtes Vermögen? Diese Frage habe die beiden Ämter während des ganzen Nachlassverfahrens umgetrieben, heisst es in einer Medienmitteilung des Kantons. Abschliessend beantworten liesse sich diese Frage nicht, so die Mitteilung weiter. Enggist habe in seinem Testament vom 15. Januar 2008 lediglich geschrieben: «Ich würdige damit den Beitrag des Kantons Thurgau an der Grundsteinlegung meiner Karriere.» Enggist besuchte die Kantonsschule in Frauenfeld. Nach der Matura absolvierte er an der ETH Zürich ein Bauingenieurstudium und machte anschliessend Karriere in der Informatikbranche.

Enggist wohnte zeitlebens in seinem Elternhaus in Frauenfeld, das im Rahmen des Nachlassverfahrens verkauft wurde. Er blieb ledig und starb nach langer Krankheit am 2. Juni 2016. Einige Erinnerungsstücke sowie Dokumente aus dem Besitz von Enggist bewahrt das Amt für Archäologie auf und kümmert sich, wie vom Verstorbenen gewünscht, um die Grabpflege.

Ziel: Langfristig und nachhaltig investieren

Der Erblasser wählte eine sehr offene Zweckbestimmung. Mit dem erhaltenen Geld wurde je ein Walter-Enggist-Fonds eingerichtet, für welchen ein Reglement verfasst wurde. Dieses sieht die Verwendung der Mittel im Rahmen der Leistungsaufträge der beiden Ämter sowie für besondere Aufgaben vor. Für Hansjörg Brem, Leiter des Amtes für Archäologie, ist klar, dass die Mittel behutsam und gemächlich eingesetzt werden: «Das Geld soll über die nächsten zehn bis 20 Jahre hinweg sinnvoll investiert werden. Die neuen Mittel werden es uns erlauben, das reiche thurgauische Kulturerbe besser zu erschliessen und für Unterricht, Lehre und Forschung zur Verfügung zu stellen.» Brem plant das Geld vor allem in den Bereichen Naturwissenschaften, Restaurierung, Dokumentation oder auch im Ausstellungsbereich einzusetzen. Ausserdem soll es möglich sein, einheimischen Nachwuchs zu fördern und aus- bzw. weiterzubilden.

Regierungsrätin Monika Knill und Urs Schwager, Chef Amt für Mittel- und Hochschulen, sprachen an der Medienkonferenz zum Millionenerbe von Walter Enggist.Regierungsrätin Monika Knill und Urs Schwager, Chef Amt für Mittel- und Hochschulen, sprachen an der Medienkonferenz zum Millionenerbe von Walter Enggist. Bild: PD

Ein erstes konkretes Projekt, das mit dem Geld umgesetzt werden soll, ist bereits in Planung. Da für das Gebiet des Kantons Thurgau bisher hochaufgelöste Sedimentprofile, die Informationen über das Klima, die Umwelt und den human impact vom Spätglazial bis in die Gegenwart liefern, fehlen, sollen an zwei bis drei Lokalitäten Bohrkerne gezogen werden. Diese sollen anschliessend interdisziplinär untersucht und ausgewertet werden und zum Beispiel Fragen beantworten, wie das Wetter im Jahre 1415 war, seit wann man Roggen anbaut oder ob Brandrodung zu verstärkter Erosion geführt haben.

Bibliothek setzt auf Digitalisierung 

Nebst dem Amt für Archäologie ist auch die Kantonsbibliothek zur Hälfte Erbin des Nachlasses von Walter Enggist. Die Bibliothek plant vor allem in die Digitalisierung und damit in die bessere Zugänglichkeit von historischen Beständen und wissenschaftlicher Literatur zu investieren. «Wir wollen Voraussetzungen schaffen, dass möglichst viele Menschen, möglichst einfach und digital an unsere Bestände kommen», so Bernhard Bertelmann, Leiter der Kantonsbibliothek des Kantons Thurgau. Konkret plant Bertelmann Mittel aus dem Walter-Enggist-Fonds einzusetzen, um ab 2018/19 weitere Thurgauer Zeitungen – aus urheberrechtlichen Gründen vorerst aus dem 19. Jahrhundert – zu digitalisieren, die dann über die Plattform Schweizer Presse Online zugänglich sind. Ausserdem stehen den Kundinnen und Kunden der Kantonsbibliothek neu Online-Sprachkurse in 30 Sprachen zur Verfügung. In den nächsten zwei bis fünf Jahren ist zudem ein Erschliessungsprojekt geplant, um rund 70‘000 Medien aus dem historischen Buchbestand der Bibliothek zu verzeichnen, damit diese über den Online-Katalog abgefragt werden können. Weitere digitale Angebote, welche für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie für die breite Bevölkerung im Thurgau interessant sein könnten, werden derzeit geprüft.

Preis für Thurgauer Forschung lanciert

Das Amt für Archäologie und die Kantonsbibliothek haben entschieden, einen Teil der Mittel aus dem Nachlass von Walter Enggist für einen Forschungspreis einzusetzen. Vergeben werden soll der «Forschungspreis Walter Enggist»  durch das Kompetenzbündel Thurgau Wissenschaft, das unter der Federführung des Amtes für Mittel- und Hochschulen aktiv ist. Mit dem Wissenschaftspreis wollen die Erben dazu beitragen, wissenschaftliche Karrieren zu fördern. Dabei sollen die wissenschaftlichen Arbeiten, die ausgezeichnet werden, einen inhaltlichen oder personellen Bezug zum Kanton Thurgau haben. Der Preis wird einmal jährlich, jeweils im Herbst, vergeben und ist mit 15‘000 Franken dotiert. Für den Preis wurde ein Reglement erarbeitet. (tgk)

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