07.04.2015
Ohne Wissen keine Kompetenz

Auf dem Weg zum «Lehrplan 21 Volksschule Thurgau» besuchten die rund 130 Thurgauer Schulleiterinnen und Schulleiter in Weinfelden eine Weiterbildung zum «Lern- und Unterrichtsverständnis» des neuen Lehrplans.
«Wenn man etwas weiss, hat man es durchdacht und verstanden und kann es dann im Kopf behalten oder vergessen. Wenn man etwas kapiert, weiss man etwas genau und behält es im Kopf und vergisst es nicht schnell, sondern stellt mit dem Wissen auch etwas an. Das könnte ein Unterschied zwischen Wissen und Kapieren sein.» Mit diesem Zitat aus dem Buch «Die Berlinreise» von Hanns-Josef Ortheil eröffnete Sandra Bachmann, Gesamtprojektleiterin Lehrplan 21 im Thurgau, das obligatorische Weiterbildungsmodul im Rahmen der kantonalen Einführung. Es zeigt, wie eine literarische Umschreibung des vieldiskutierten Kompetenzbegriffs aussehen könnte.
Kompetenz als Leitbegriff
Die Kompetenzorientierung gilt als Leitbegriff des Lehrplans 21. Zu diesem Thema ge- staltete Professor Kurt Reusser den Vormittag. Er leitet den Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Didaktik am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich und ist Mitautor des Kapitels «Lern- und Unterrichtsverständnis» im Lehrplan 21. Als Präsident des Fachbeirats hat er zudem die Entwicklung und Erarbeitung des neuen Lehrplans eng begleitet und mitgeprägt.
Eine der Botschaften in Reussers Ausführungen war, dass Wissen und Kompetenz keine Gegensätze darstellen. «Ohne Wissen gibt es kein Können», betonte er. Wissensbildung müsse aber über das blosse Durchnehmen von Stoffinhalten hinausgehen. Am Schluss des Unterrichts sollten sich Lehrpersonen nicht nur fragen, ob sie den Stoff «durchgebracht», sondern ob die Schülerinnen und Schüler das Gelernte verstanden haben und anwenden können - oder eben: kapiert haben. Dieses Ziel wird in vielen Schulzimmern schon seit Jahren verfolgt und dürfte deswegen viele Lehrpersonen in ihrer Arbeit bestärken.
Mit Fabeln erprobt
Am Nachmittag stellten Stephan Nänny von der Pädagogischen Hochschule Thurgau und Xavier Monn vom Amt für Volksschule eine Planungshilfe vor, wie Aufgaben in einer Unterrichtseinheit in eine sinnvolle Abfolge gebracht werden können, damit sie den Lernprozess und Aufbau von Kompetenzen optimal unterstützen. An konkreten Praxis- beispielen zum Thema Fabeln erprobten die anwesenden Schulleiterinnen und Schullei- ter das Prozessmodell.
Bedarfsgerechte Weiterbildung
Mit dem Weiterbildungsmodul haben Schulleitungen einen wichtigen Einblick erhalten in das dem Lehrplan 21 zugrunde liegende Lern- und Unterrichtsverständnis. Die gewonnenen Erkenntnisse helfen ihnen, einen allfälligen Entwicklungsbedarf an ihren Schulen zu erkennen und die Umsetzung des Lehrplans 21 an ihren Schulen zu planen. Die Lehr- personen besuchen das obligatorische kantonale Weiterbildungsmodul 2016. Alle übrigen Weiterbildungen legen die Schulgemeinden bedarfsgerecht in eigener Kompetenz fest. (av)
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