von Hans Gysi, 11.11.2015
im hinterhof
im hinterhof beginnen und enden die geschichten. es gibt beides:
geborgenheit und das gefühl, dass man etwas abgeschnitten lebt von der
grossen weiten welt. manchmal wünscht man sich einen
urbanen platz herbei oder eine berglandschaft
unser hof hat seine geschichten
er ist ist schon länger so wie er ist
der maschendraht rostet ein wenig
die esche wächst und wirft schatten
rechts im alten riegelhaus das schaut
zum brunnen hinaus und beherbergt pilger
da wohnen jetzt gerade rumänen
sonntags grillieren sie ziemlich viel fleisch
für zwei familien und anhang
und links waren immer schweizer
die neue generation kinder
quengelt manchmal kurz im hof
ein zwergpinscher kläfft bis in die
zwei katzen im hof einschüchtern
und ihn seine angst verstummen lässt
unser hof hat seine geschichten und
liegt etwas abseits des verkehrs idyllisch
sagen die einen die andern etwas
versenkt früher wohnte in dem
alten riegelhaus die hebamme
die hat eine ganze generation dörfler
auf die welt gebracht und links
war ganz früh mal eine
kleine schuhfabrik da wo wir sind
eine bäckerei doch jetzt werden
hier keine brötchen mehr gebacken
höchstens ein zwei zeilen getippt
in diesem hinterhof und etwas
umgebungsarbeit wäre nötig
doch auch so lebt es sich
hier noch eine weile ganz nett
Hans Gysi (62) hat in Zürich eine Lehrer- und eine Schauspielausbildung gemacht. Als freischaffender Regisseur von Frühlingserwachen bis zur Kleinbürgerhochzeit inszeniert & als Schauspieler und Autor gearbeitet. Teilpensum in Berufsschule. Verschiedene Preise und Unterstützungen. Lebt über 25 Jahre im Thurgau. Unterhält das theaterbureau gysi. Veröffentlichungen „pocket songs“ und „generalprobe“ im Verlag edition 8.
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Bisher erschienen:
stilleben - thurgaukultur.ch vom 27.10.2015
am ufer des bodensees - thurgaukultur.ch vom 14.10.2015
Herbstmilch 2 - thurgaukultur.ch vom 02.10.2015
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