von Brigitta Hochuli, 08.01.2014
Vom Netz aufs Papier

„Lavinia Morgan - Privatdetektivin“ heisst das erste Buch der Thurgauer Bloggerin Zora Debrunner. Dabei sind ihr die zwölf Kriminalfälle zunächst fürs Internet mit Leichtigkeit zugefallen. Umso anstrengender ist die Arbeit daran bis zum Erscheinen auf Papier.
Brigitta Hochuli
Die Titelheldin Lavinia Morgan lebt als Tochter wohlhabender englischer Gutsherren im London der 1920er Jahre. Die Autorin des gleichnamigen Detektivromans lebt im Thurgau und bewegt sich unter anderem als Bloggerin permanent im weltweiten Netz. „Ich bin ein Nerd“, sagt Zora Debrunner von sich. Weiter gespannt könnte der Bogen kaum sein.
Frühstückshäppchen, verdichtet
Zwar ist die Geschichte zuerst 2006 noch ohne Konzept und unbeschwert im Rahmen des „Novemberschreibens“ entstanden und ihre Fortsetzungen wurden im Frühsommer 2013 auf der Social-Media-Plattform Twitter für viele das unverzichtbare tägliche Häppchen zum Frühstückskaffee, doch die Erscheinungsweise ist nun konventionell. Ihr erstes Buch gibt Zora Debrunner trotz ihrer intensiven Netzpräsenz nicht nur elektronisch, sondern auch gedrucktheraus. „Das ist mir das wichtigste und bedeutet mir sehr viel“, sagt sie, die selber ausschliesslich „Papierbücher“ liest.
Der Roman handelt von zwölf Kriminalfällen und der Liebesgeschichte zwischen der sehr jungen Lavinia und dem um einiges älteren gebürtigen Schweden und Frauenhelden Curtis Johansson. Neben schaurigen Morden, zuerst an den eigenen Eltern, gibt es also auch Romantik unter dem Sternenhimmel. Für jene, die den Inhalt schon kennen, hält die Autorin Überraschungen bereit. Unter anderem komme die Geschichtemit weniger Sex und grösserer Ereignisdichte aus.
Viel Potenzial
Einen hohen literarischen Anspruch hat Zora Debrunner nicht; sie möchte unterhalten und ist auch als Leserin einfach an spannenden Geschichten interessiert. Was zähle, sei die Inspiration etwa durch Agatha Christie oder Sir Arthur Conan-Doyle, bei denen die 36-Jährige allerdings die jungen Protagonistinnen vermisst. „Für mich war klar, dass ich eine Heldin erschaffen wollte, die trotz ihrer weiblichen Unschuld die kniffligsten Fälle löst.“
Auszüge aus dem Manuskript zeigen ein erzählerisch hohes Tempo und einen charmanten Sinn für makabren, aber auch feministisch angehauchten, „etwas unverschämten“ Humor in einzelnen der miteinander verwobenen Kurzgeschichten. Jedenfalls machen sie sehr neugierig auf das Ganze. Das aber war mit viel Anstrengung verbunden. Zum ersten Mal hat die Autorin in der Winterthurerin Fatima Vidal eine Verlegerin gefunden und kann sich auf eine Lektorin verlassen, die im Manuskript „die blinden Flecken“ aufspürt. Beide attestierten Debrunners Vorlage von Anfang an viel Potenzial.
Unkonventionelle Entstehungsgeschichte
Interessant ist für die künftigen Leser, die Arbeiten am Buch bis zur Veröffentlichung im Frühling mitverfolgen zu können. In einem von Zora Debrunners Themenblogs erhält man zum Beispiel einen Einblick in ihren Umgang mit Kriminalfilmen, auf Facebook und Twitter hat sie für Lavinia Morgen zudem einen Account eröffnet. Hier erfährt man jeweils das Neuste über die Buchentstehung.
Die Mittelbeschaffung des gedruckten Buchs lief über die Crowdfunding-Plattform 100-days.net und war in Kürze erfolgreich. „Ich hoffe schon, dass die 400 Exemplare weggehen wie warme Weggli“, sagt Zora Debrunner, die im übrigen froh ist, wenn sie ihre Freizeit neben ihrem 100-Prozent-Job in der Sozialarbeit wieder etwas unbelasteter verbringen kann. „Denn neben dem Beruf ein Buch zu schreiben, verlangt Ausdauer und strenge Disziplin.“

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