von Brigitta Hochuli, 02.11.2011
Kultuvermittlung 1: Kunst auf Englisch
Nicole Strässle bietet im Kunstmuseum Thurgau die Workshops Artwords an. Damit verbindet sie Kunst und Bildung aufs unterhaltsamste. Ein Pionierprojekt der Kulturvermittlung.
Brigitta Hochuli
Sie spricht fliessend Französisch, Spanisch und Englisch. Sprachen sind ihre Stärke. Die Frauenfelderin Nicole Strässle ist erst 27 Jahre alt. Als Kind war sie von Argentinien bis in die USA weit herumgekommen, als junge Frau ist sie weit gereist und hat sich über längere Zeiten im Ausland aufgehalten. In der Ausbildung zur Primarlehrerin an der Pädagogischen Hochschule Thurgau in Kreuzlingen entdeckte sie auch ihre Liebe zur Kunst und Museumspädagogik. Sie belegte den Studienschwerpunkt Kunst Kultur Schule.
Aus der Kombination von Stärke und Liebe hat sie nach verschiedenen Museums-Praktika ihr eigenes Projekt Artwords entwickelt. Es war die Abschlussarbeit des Lehrgangs von Kuverum (Kulturvermittlung und Museumspädagogik) an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Am Samstag findet die Abschlussfeier der zweijährigen berufsbegleitenden Weiterbildung statt. Nicole Strässle hat sie mit einem Certificate of Advanced Studies (CAS) abgeschlossen.
Unterrichtsergänzend und lehrplankompatibel
Wir treffen uns im „Buume“ in Frauenfeld. Die blonde junge Frau kommt ein paar Minuten zu spät. Sie arbeitet als Primarlehrerin in Winterthur. Es gab mit den Schülern noch ein Problem zu besprechen. „Da kann man nicht einfach davon rennen.“ Genau so engagiert ist sie, wenn sie von „Artwords“ erzählt. Artwords sind Wörter, mit denen man Kunst beschreiben kann. Es sind aber auch Wörter aus Wortfeldern des Englischlehrmittels für Mittel- und Oberstufe. Auf kleinen Kärtchen stehen diese Wörter samt deutscher Übersetzung auf der Rückseite. Auch Nicole Strässles Workshops im Museum heissen Artwords. Sie führt sie in englischer Sprache für Kinder, Jugendliche und Englisch Lernende durch.
Video
In der Arbeit mit Kindern ist es ihr wichtig, den Unterricht auch an Lernorten ausserhalb des Schulzimmers fortzusetzen. Aus einem Aufenthalt in London habe sie zudem mitgenommen, dass Vermittlungsangebote erst dann gut von Schulklassen genutzt würden, wenn sie den Besuch im Museum mit ihren Vorgaben im Lehrplan verbinden könnten. „Deshalb sind die Themen und Inhalte in einem Artwords-Workshop lehrplankompatibel“, schreibt sie in ihrer Diplomarbeit. So unterstütze das Projekt Lehrpersonen und ermögliche ihnen einen unterrichtsergänzenden Besuch im Museum.
Im Kunstmuseum in Ittingen findet Nicole Strässle dazu ein ideales Umfeld. Seit letztem Jahr ist sie hier freie Mitarbeiterin für Freizeit-Kinderkurse und Schulworkshops. Ihre Mentorin ist die Museumspädagogin der Ittinger Museen, Brigitt Näpflin. Sie unterstützt dieses Pionierprojekt.
„Über Kunst muss man reden“
Zu Werbezwecken hat Nicole Strässe ein Video geschnitten. Darauf sieht man sie mit einer Schulklasse vor den Bildern des Amerikaners Richard Phillips. In ihnen entdecken die Kinder nicht nur den kopierten Adolf Dietrich, sondern Farben, Muster, Körperteile, Tiere, Landschaften. Besonders der strenge Offizier hat es ihnen angetan. Eifrig bestimmen sie anhand ihrer Kärtchen, wie er auf sie wirkt. Nicole Strässle sammelt die Eindrücke und erklärt auf Englisch, was ungeklärt ist. „Über Kunst muss man reden“, ist sie überzeugt.
Erfolge dieses Reden in einer Fremdsprache, sei ein doppelter Zweck erreicht. Nicht nur werde ein schulisches Lernziel in Sprachkompetenz verfolgt, es geschehe auch eine Annäherung an Kunst, die nachhaltig sein könne. „Es gehen Türen auf, hinter denen klar wird, dass ein Museum nicht verstaubt sein muss, sondern neue Welten zeigt.“ Dabei gehe es Kindern wie Erwachsenen. Nicht jeder sehe das gleiche Grün, die gleiche Stimmung. Früh werde also das Thema Wahrnehmung bewusst.
*****
Brigitt Näpflin, Museumspädagogin:
„Die Idee von artwords fand sofort Gefallen, wenn auch mit einer Prise Skepsis verbunden. Ich zweifelte, ob es denn gelinge, den Anspruch an Kunstvermittlung mit Kunst und das Üben von Englischkenntnissen tatsächlich so zu verbinden, dass beide Fachgebiete profitieren. Es tut!
Aus Sicht der Beobachterin bin ich positiv überrascht, das didaktische Arrangement mit den Wortschildern greift. Raffiniert wird Kunstbetrachtung mit einfachen Formulierungen in der Fremdsprache verbunden. Was bei jedem Kunstmuseumsbesuch zentral ist, nämlich das genaue Schauen, erhält auch in Verbindung mit Englisch die gewünschte hohe Konzentration.“
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