von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 24.05.2017
150 000 Franken für Kultur
Sechs junge Künstlerinnen und Künstler haben vom Kanton einen persönlichen Förderbeitrag erhalten. Bei der Preisverleihung in Kreuzlingen wurde ihr bisheriges Schaffen gewürdigt.
Finanzspritze für sechs junge Künstlerinnen und Künstler: Der Kanton Thurgau hat am Dienstagabend im Kunstraum Kreuzlingen die diesjährigen persönlichen Förderbeiträge übergeben. Die Fördersumme insgesamt beträgt 150 000 Franken; jeder Künstler erhält 25 000 Franken. Dieses Jahr wurden die sechs Förderbeiträge in den Sparten Bildende Kunst, Literatur und Musik vergeben. Die ausgewählten Kulturschaffenden sind: Reto Müller, bildender Künstler, Stein am Rhein; Sebastian Stadler, bildender Künstler, Zürich; Sara Widmer, bildende Künstlerin, Zürich; Tabea Steiner, Literaturschaffende, Zürich; Christoph Hartmann, Musiker, Weinfelden; Raphael Jost, Musiker, Diessenhofen. Insgesamt waren 49 Bewerbungen eingegangen.
Regierungspräsidentin Monika Knill appellierte an der Übergabe der Förderbeiträge an die Kulturschaffenden, mutig und leidenschaftlich zu sein. Bild: Kulturamt Thurgau
Regierungspräsidentin Monika Knill hob in ihrer Rede vor rund 80 Besuchern die Rolle der Kultur „als zentralem Standortvorteil" von Städten und Gemeinden hervor. Kultur, so Knill weiter, sei ein wichtiger Imagefaktor. Die SVP-Politikerin lobte dabei vor allem die Initiativen in Kreuzlingen: „Das Kulturleben hier entwickelt sich prächtig, weil es so gut gepflegt wird." Knill nannte dabei explizit die Abstimmung der Bürger über das neue Budget für die Kreuzlinger Museen aus dem November 2016 und den von der Stadt erarbeiteten Kulturbericht als beispielhaft. Der Slogan, den sich Kreuzlingen gegeben habe, „Die freche kleine Schwester von Konstanz", sei treffend gewählt. Sie appellierte auch an die Kulturschaffenden „mutig, frisch, forschend, fragend, frei und leidenschaftlich in Ihrem Schaffen" zu sein, wie kleine Schwestern es eben seien.
„Mit den Förderbeiträgen geben wir ihnen die Möglichkeit, sich künstlerisch weiter zu entfalten und weiterzuentwickeln", sagte Knill an die Künstlerinnen und Künstler gewandt. Dies geschehe nicht ganz uneigennützig, um als Kanton jung zu bleiben, fügte Monika Knill mit einem Augenzwinkern an.
Wie sich die Jury zusammensetzt
Die Förderbeiträge werden einmal im Jahr von einer Jury vergeben, die sich aus den Fachreferentinnen und -referenten des Kulturamts und externen Fachpersonen zusammensetzt. Auch in diesem Jahr sei die Anzahl und Qualität der eingegangenen Bewerbungen hoch gewesen, heisst es vom Kulturamt. "Die Jury wählte Künstlerinnen und Künstler aus drei verschiedenen Sparten aus und würdigt damit ein breites künstlerisches Schaffen im Kanton und darüber hinaus." Die nächste Ausschreibung erfolgt im November 2017. Einsendeschluss ist der 31. Januar 2018.
Zitate der Laudatoren über die ausgewählten Künstler
Über Sebastian Stadler (*1988): „Er ist ein scharfer Beobachter seines Umfelds. (...) Als Fotograf erzählt er vom unaufgeregtem Alltag und folgt dabei einem detektivischen Aufspüren von gesellschaftlichen Fragestellungen." (Nadia Veronese, Kuratorin Kunstmuseum St.Gallen)
Über Christoph Hartmann (*1981): „Man kann Christoph Hartmann nicht in eine Schublade stecken. Er verbindet Unterhaltung mit Ernsthaftigkeit und macht immer wieder deutlich, dass Unterhaltung und Improvisation nichts mit Beliebigkeit zu tun haben. Hartmann ist ein echter Thurgauer, der seine Heimat hinterfragt und augenzwinkernd zelebriert." (Martin Preisser, Kulturjournalist)
Über Reto Müller (*1984): „Reto Müller ist ein Alchemist, der sich mit den Aggregatzuständen verschiedener Materialien beschäftigt. Bei ihm ist immer Raum für kontextuelle Verschiebungen." (Judit Villiger, Kuratorin Haus zur Glocke Steckborn)
Über Tabea Steiner (*1981): „Die Autorin geht mit grosser Ernsthaftigkeit an ihre Arbeit. Ihre Worte fasst sie in einprägsame Bilder. Sie betreibt das eigenen Schreiben nicht im Elfenbeinturm, sondern sucht den Austausch mit den Anderen. Tabea Steiner ist eine Autorin, die auf dem Sprungbrett steht, aber auch den anderen den Applaus gönnt, was im zum Narzissmus neigenden Literaturbetrieb eine Seltenheit ist." (Peter Surber, Journalist)
Über Sara Widmer (*1980): „Sara Widmer arbeitet im Kollektiv. Die Künstlerin hat bewiesen, dass sie gemeinsam mit Daniel Lutolf als CKÖ im zeitgenössischen Bereich intelligent intervenieren kann. Bei ihnen wird das Kunstobjekt auf Ausstellungs- und Darstellungsfunktion untersucht. Sie agieren oft zwischen zeigen und wahrnehmen und nutzen ihr scharfes kunstwissenschaftliches Bewusstsein. Sie fordert das Publikum und bezieht es ein." (Rebekka Ray, Kuratorin)
Über Raphael Jost (*1988): „Was Raphael Jost von anderen Jazzmusikern unterscheidet, ist seine Zielstrebigkeit. Ihm gelingt es mit seiner Musik, sowohl ein anspruchsvolles Jazz-Publikum, als auch eine neue Pop-Hörerschaft zu begeistern. Das Gesamtpaket seiner Bewerbung hat die Jury überzeugt." (Pat Kasper, Musiker)
Weiterlesen:
Mehr zur Auszeichnung: Alles zum Preis und den diesjährigen Preisträgern im Überblick gibt es hier: http://www.thurgaukultur.ch/magazin/3161/
Teil 1 der Porträtreihe über die diesjährigen Preisträger "Zeit, Geld und Anerkennung: Die Autorin Tabea Steiner über sich und ihre Arbeit" können Sie hier nachlesen: http://www.thurgaukultur.ch/magazin/3186/
Teil 2 der Porträtreihe über die diesjährigen Preisträger: "Aus der Schweiz nach Europa" Jazzmusiker Raphael Jost im Porträt finden Sie hier: http://www.thurgaukultur.ch/magazin/3191/
Teil 3 der Porträtreihe über die diesjährigen Preisträger: "Zwischen Geologie und Architektur" Die Geschichte über Reto Müller gibt es hier: http://www.thurgaukultur.ch/magazin/3202/
Die Serie wird in den nächsten Wochen mit Beiträgen über Sebastian Stadler, Christoph Hartmann und Sara Widmer fortgesetzt
Eine Liste mit allen bisherigen Förderbeitragsempfängern seit 1996 gibt es hier: https://kulturamt.tg.ch/public/upload/assets/40777/Liste_Foerderbeitragsempfaenger_1996-2017.pdf
Weitere Beiträge von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter
- Alte Mauern, neue Gedanken (11.11.2024)
- Auf Kinderaugenhöhe (21.10.2024)
- Was hält uns zusammen? (16.10.2024)
- «Falsch gespart»: Kritik am Sanierungs-Stopp (15.10.2024)
- Die Entdeckung des Raums (11.10.2024)
Kommt vor in diesen Ressorts
- Kulturpolitik