von Rolf Müller, 10.02.2015
Kultur so nötig wie Strom
Der Frauenfelder Gemeinderat nimmt am 18. Februar 2015 das von der Exekutive bereits abgesegnete Kulturkonzept zur Kenntnis. Was wären die Konsequenzen, sollte das Budget 2015 an der Urne scheitern?
Seit dem 23. Dezember 2014 verfügt die Stadt Frauenfeld erstmals über ein Kulturkonzept. Der Kulturbeauftragte Christof Stillhard hat es in den letzten Jahren mit einer breit abgestützten Begleitgruppe erarbeitet, Das Konzept ist eine unaufgeregte, solide Auslegeordnung der Verhältnisse. Es beschreibt das kulturelle Angebot, nennt Leitziele und mögliche Handlungsfelder, die als Massnahmen in den Legislaturschwerpunkten 2015 bis 2019 konkretisiert werden könnten.
Solides Papier für die Zukunft
Das Konzept mag kein visionärer Wurf sein, wie ihn sich die im Gemeinderat vertretene Frauenfelder Gruppierung „Chrampfe und Hirne“ (CH) gewünscht hätte (wo Stillhard Mitglied ist). Tatsächlich enthält es keine radikalen Forderungen wie eine Verdreifachung des städtischen Kulturbudgets. De facto enthält es überhaupt keine Mittelforderungen, macht aber deutlich, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Kultur zu einer fortschrittlichen Kommune gehört wie Strom, die Wasserversorgung und Strassenbau.
Bund der Steuerzahlen aussen vor
Neben der linken CH äusserste sich nach der Vernehmlassung noch eine Gruppierung kritisch zum Papier, das jedoch aus formellen Gründen: Der rechtsbürgerliche Bund der Steuerzahler Frauenfeld (BDS). Von der CH-Medienmeldung überhaupt erst auf den Konzeptentwurf aufmerksam geworden, reklamierte sie anfangs Dezember als ausserparlamentarische, aber offenbar referendumsfähige Organisation erstmal ihre Nichteinladung zur Vernehmlassung und warf dem Stadtrat „Heimlichtuerei“ vor.
MproF für Kürzung Kulturfördergelder
Die Retourkutsche im Parlament folgte postwendend. An der Budgetsitzung vom 10. Dezember 2014 unterstützte BDS-Präsident und SVP-Gemeinderat Thomas Gamper einen Ratskollegen der Gruppierung „Menschen für Frauenfeld“ (MproF). Der beantragte erst eine Rückweisung des gesamten Budgets, dann eine Kürzung der Kulturfördergelder um 190‘000 Franken. Erfolglos. Für die Kultur ist, vergleichbar den Vorjahren, etwas über eine Million Franken vorgesehen. Zwar strich das Parlament bei anderen Positionen Gelder, verabschiedete das Budget aber letztlich bei Einnahmen von rund 80 Millionen Franken mit einem Defizit von 1,6 Millionen Franken.
Budgetablehnung beträfe auch Kultur
Das Budgetdefizit einerseits und die im Finanzplan vorgesehene Steuererhöhung andererseits waren für den Bund der Steuerzahler Anlass zur Sammlung von Unterschriften für ein fakultatives Referendum zum Budget. Die 500 nötigen Stimmen kamen zu Stande, jetzt befindet das Volk am 26. April 2015 über den Haushalt des laufenden Jahres (Kosten des Referendums für die Steuerzahler: 40‘000 Franken).
Erläuterungen vom Kulturbeauftragten
Am Rande der nächsten Gemeinderatssitzung nun wird der Kulturbeauftragte Stillhard den Parlamentarierinnen und Parlamentariern das Kulturkonzept erläutern, welches schon seit einigen Wochen auf dem Internet einsehbar ist. „Ich werde das Konzept vorstellen und dabei auch eingeflossene Punkte der Parteien aus der Vernehmlassung erläutern. Wir haben einige aufgenommen“, sagt er.
"Die Stadt soll leben"
Er erwartet einen sachlichen Diskurs, zumal die Parteien immer wieder für Kultur in Frauenfeld einstehen. Stillhard ist zuversichtlich, dass die Bevölkerung an der Urne das Budget und darin eingeschlossen auch die Kulturgelder bewilligt. „Denn gemessen an der Grösse unserer Stadt sind die Mittel zur Kulturförderung zwar nicht üppip – aber schlank eingesetzt und mit einer Wirkung, die gut ist für Frauenfeld. Die Stadt soll leben.“ Sollte das Volk anders entscheiden, könnte das einschneidende Konsequenzen haben. Nicht bloss für die alternative Kultur.
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Mehr zum Thema:
Keine Abstriche bei Kultur - thurgaukultur.ch vom 11.12.2014