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von Alex Bänninger, 29.07.2014

Servir et disparaître

Servir et disparaître
| © Kathrin Spycher

Alex Bänninger

Brigitta Hochuli wünscht, es sei ihr Weggang als Redaktorin von thurgaukultur.ch ohne Aufheben zur Kenntnis zu nehmen. Daran halten wir uns gerne. Wer selber so zahlreiche Wünsche aus der Kulturszene erfüllte, darf für einen eigenen Wunsch Geberfreude erwarten. Zumal "servir et disparaître" hervorragend zum Stil Brigitta Hochulis passt.

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Die Sache war ihr wichtiger als die eigene Person. Das verweist auf die Bescheidenheit; aber nicht bloss, sondern auch auf die dahinter elegant geschützte Fähigkeit, sich den Verbleib im Hintergrund leisten zu können, ohne übersehen oder gar vergessen zu werden. Dazu braucht es im Journalistenmetier die Liebe zur Sache, das Wissen über die Sache und die Sprache zur Vermittlung der Sache. Mit diesen Qualitäten führte Brigitta Hochuli im Thurgau der Kultur redaktionelle Regie. Anzunehmen ist, dass sie neben dem PC-Bildschirm auch über einen Radarschirm verfügte und einen Seismographen fürs wachsende Gras, weil ihr nichts entging, was sich auf den In-Schauplätzen und den Off-off-Bühnen abspielte, auch nichts, was sich erst im Werden befand, den späteren Besuch lohnte und sich für eine Geschichte eignete.

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Regie ist auch darum der richtige Begriff, weil Brigitta Hochuli als Netzweberin vor allem die Kulturmenschen interessierten. Sie verschaffte ihnen Beachtung und ging wasserdicht vorrecherchiert mit Fragen auf sie zu, um persönliche Meinungen einzuholen und mit investigativer Liebenswürdigkeit Fakten, denen das Licht der Öffentlichkeit noch verwehrt sein sollte. Was aber Brigitta Hochuli "off the record" erfuhr, bewahrte sie unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Das ärgerte sie zwar enorm, weil sie sich eingeengt fühlte, sie, die als Unabhängige und Eigenwillige einem Berufsverständnis folgte, das die "New York Times" als ihre Losung auf den Punkt brachte: "All the news that's fit to print".

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Alles Wichtige in den Zusammenhängen geklärt und in der Tiefe beleuchtet, das war Brigitta Hochulis Traum von thurgaukultur.ch. Sie erlebte ihn in der Unerfüllbarkeit, die das Schicksal jener ist, deren Ideen und Engagement die Grenzen der Möglichkeiten sprengen. Sie liessen gerade noch zu, das bezahlte Pensum um das unbezahlte zu erweitern. Mit ihm - das sei unterstrichen - ist die Internetplattform bedeutend geworden, lesenswert, überraschend, als journalistische Kultur der Kultur eine Förderung.
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Auch und gerade durch die kritischen Beiträge. Sie sind in einem Kanton der freundlichen Nähe heikel. Darauf antwortete Brigitta Hochuli mit der Freundlichkeit, die Einwände daunenweich zwischen die Zeilen zu betten und fürs Missfallen Worte zu wählen, die mal ironisch, mal unschuldig lächelten. Klar war die Botschaft gleichwohl - und vergnüglich zu lesen auch.

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Die auf den Dialog angelegte Plattform thurgaukultur.ch wurde zum Forum. Zu ihm hätten für Brigitta Hochuli auch von der Leserschaft offen bis streitlustig geführte Debatten gehört. Doch die Chance zur kommunikativen Intervention blieb in einer Gegend, in der sich jeder seine Sache lieber denkt als laut ausspricht, wenig genutzt. Die Behauptung, dass Schweigen Gold sein soll, verschlug der Redaktorin immer wieder die Sprache. Und dachte dabei zu Recht ans Sprichwort, schweigendem Mund sei nicht zu helfen.

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Nein, liebe Brigitta: Wir machen aus Deinem Weggang kein Aufheben. Aber dass Du vor dem Weggang vier Jahre lang prägend, neugierig, hellwach, fordernd da warst, ist denn doch fürs Aufheben Grund genug.

 

Redaktion thurgaukultur.ch

Brigitta Hochuli leitet seit 2010 die Redaktion von thurgaukultur.ch.
Am 31. Juli 2014 zieht sie sich aus dem Berufsleben zurück und tritt ihren Ruhestand an.
Ab 1. August übernimmt Rolf Müller die Redaktionsleitung.

Mehr zu Rolf Müller finden Sie hier. (red)

 

 

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